Von Studien und Wahlkabinen

Südwind hat 2010 eine Studie herausgebracht, in der über 1000 Leute in Deutschland und Österreich zu nachhaltiger Mode befragt wurden. Die Ergebnisse finde ich hochinteressant:

Zuerst wurde gefragt, was einem beim Kleiderkauf wichtig ist. An erster Stelle: Qualität, gefolgt von Preis und Trend. Und dann kommts: „Umweltfreundliche Produktion“ und „Produktion unter fairen Arbeitsbedingungen“ liegt noch vor „Marke“. Ok, und wieso verkauft sich das ganze Markenzeugs im Outlet Parndorf wie warme Semmeln und ist vor allem viel bekannter als nachhaltig und ökologisch richtig produzierte Mode. Ich hab da so ein bißchen den Verdacht, dass die Befragten da die berühmte Wahlkabinenantwort gegeben haben – nach außen sympathisiert man mit der Partei, die sozial wohl am ehesten akzeptiert ist und im Trend liegt (in Österreich haben erfahrungsgemäß die Grünen sehr hohe Umfragewerte), aber wenn man dann das Hakerl in der Wahlkabine macht, wo keiner es mitkriegt, schaut die Sache gleich ganz anders aus (Die FPÖ ist dafür sehr oft im Wahlergebnis besser als in den Umfragen).

Sollte es allerdings stimmen, dass den Leuten wirklich die Marke weniger wichtig ist als faire Produktion – dann freu ich mir erstens einen Haxen aus, weil ich nicht alleine bin, und zweitens ist das eine unglaublich tolle Grundlage für die WearFair.

Kurz: Das Fazit der gesamten Studie – hier nachzulesen – ist, dass die Leute nachhaltige und faire Mode kennen, auch bereit sind, mehr zu zahlen, aber ganzganz schlecht informiert sind drüber. Hui, jetzt hat mein Blog auch noch einen Bildungsauftrag!

 

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7 Gedanken zu „Von Studien und Wahlkabinen

  1. ich glaube auch, dass die Befragten ihre Antworten beschönigt haben, das wäre ja zu schön um wahr zu sein. Und ganz ehrlich, selbst ich weiß nicht, ob ich schon so weit bin, dass ich mich über eine vielleicht nicht ganz so schicke fair hergestellte Tasche mehr freuen würde als über eine Miu Miu. Aber ich will’s versuchen und auch wenn ich gerade so ein bisschen auf Turkey bin und wiiiiirklich gerne einen neuen Bikini und eine Sommertunika hätte, weiß ich ja, dass mich das alles auch nicht glücklicher macht. Naja, vielleicht einen Moment lang morgens vor dem Kleiderschrank:-) Aber das wäre ich mit einer fair produzierten wunderschönen Tunika noch mehr. Nächstes Jahr, seufz…

  2. Avatar von M_S M_S sagt:

    die studie taugt leider wenig. 1000 leute sind nichts bei einer basismenge an konsumenten von pi mal daumen 60 millionen. die masse machts nun mal aus, und man kann davon ausgehen, dass über 90 prozent aller konsumenten auf den preis schauen müssen und im zweifelsfalle ihre prioritäten danach ordnen … ^^

  3. Avatar von M_S M_S sagt:

    ein knackpunkt ist mir bei der lektüre der studie noch aufgefallen:
    laut S. 7 „preisbereitschaft“ würden der großteil der leute bis zu 15 % mehr für faire, nachhaltige mode ausgeben. 15 % sind nichts! das sind acht euro für ein t-shirt statt sieben …
    in der realität hat faire mode aber einen preisunterschied von mindestens 100 %, eher kosten die sachen aber das drei- oder vierfache und mehr. dieselbe preisgestaltung wie bei marken- und designermode.
    faire mode ist luxus und für die masse der konsumenten einfach nicht attraktiv.

    vielleicht fällt einem genialen marketing-menschen was dazu ein, ich wüßte nicht, wie das dilemma zu lösen wäre …

    • Avatar von Mukolama Mukolama sagt:

      Das ist, denke ich, genau der Punkt: Faire Mode kostet wesentlich mehr, genauso wie auch Markenmode wesentlich mehr kostet… Markenmode auf der einen Seite wird von den Menschen als Luxus gesehen, den man sich vielleicht auch mal gönnt.
      Faire Mode auf der anderen Seite verbindet die breite Masse, denke ich zumindest, nicht mit Luxus. Und genau hier müsste man wohl ansetzen – den Leuten klar zu machen, dass faire Mode eben ganz was besonderes ist, das es erstrebenswert ist, auch solche Teile im Kasten zu haben.
      Und ich denke dass die Meisten „Faire Mode“ noch immer mit Jutesack-Style und extrem Alternativ verbinden. Ich selbst entdecke ja auch erst durch Nunu’s Blog, dass das eigentlich ganz anders ist und nicht nur Extrem-Alternatives fair produziert wird. Man müsste wohl da ansetzen, zuerst mal das Image von fairer Mode aufzubessern.

      [An dieser Stelle auch ein herzliches Dankeschön an Nunu, dass du mich immer wieder dazu bringst, mir über Dinge Gedanken zu machen, die mich bisher wenig beschäftigt haben und dafür, dass ich durch den Blog so vieles Neue entdecke!
      Und natürlich: Alles, alles Liebe zum Geburtstag ;)]

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