Schlagwort-Archive: Kambodscha

„No, we have never done that.“

Es ist eng verwoben mit dem aktuellen Report der Clean Clothes Kampagne: Die Erklärung von Bern, eine tolle NGO aus der Schweiz, fordert existenzsichernde, faire Löhne. Zeit wirds nämlich. Sehr spannend dazu auch die von der internationalen Clean Clothes Kampagne gestern gepostete Statusmeldung:

“No, we have never done that.”
— After explaining H&M’s roadmap to a fair living wage, Payal Jain, ’social sutainable responsible‘ from H&M admits H&M never attempted to calculate a concrete amount for a living wage since 1997.

Getaggt mit , , , ,

Ich bin ein Weichei

Wahnsinn, bin ich ein Weichei. Diese Woche war arbeitstechnisch extrem anstrengend, aber auch wahnsinnig spannend. Ich bin in diversen Workshops gesessen, in denen es um meine neuen Arbeitsfelder ging. An sich super, aber: Samstag von neun bis 22 Uhr, Sonntag von zehn bis sechs. Gefühlt war ich aufgrund der Fülle an neuen Informationen und dem dichten Programm bereits Freitagfrüh braindead.

Heute am Heimweg dann die Erkenntnis: Weiterlesen

Getaggt mit , , , ,

Nachtrag zum Frustlesen

Ich möcht nochmal auf meine Nachdenkerei von vorhin eingehen: Ich hab dieses Frustgefühl hin und wieder. Aber was in dem Beitrag nicht wirklich herauskam: Ich bin überzeugt, dass wir alle was tun können – und dass kritischer Konsum wichtig ist. Nur wusste ich nicht, wie ich das richtig in Worte fassen kann.

Das hat Isabelle auf Facebook für mich übernommen:

Doch, der Kunde hat es in der Hand. Es mag etwas länger dauern, aber die Industrie will verdienen. Sie wird ihre Prokuktion ändern, wenn sie gezwungen wird. Es ist einfach zu sagen, wenn ich nicht konventionell einkaufe geht es den Menschen noch schlechter. Kurzfristig ja, langfristig nein. Bei Kinderarbeit wird meist genauso argumentiert: so hat die Familie aber genug Geld für Lebensmittel, usw. Kinder haben aber ein Recht auf Freizeit und Schulbildung. Die Näherinnen ein Recht auf eine angemessene Entlohnung und Sicherheitsstandards. Davon ab kann keiner die Welt retten, das ist leider so. Man kann sich nur bemühen, sie ein wenig zu verbessern.

Danke für diesen Kommentar.

Getaggt mit , , , ,

Man kann nix richtig machen

Ich hab mich komplett in „Where am I wearing“ festgelesen – und wiedermal sind meine mühsam aufgebauten Wertigkeiten durcheinandergeschüttelt worden. Ja, es gibt das Argument, dass man doch bitte weiterhin konventionelle Mode kaufen soll, denn so haben die ArbeiterInnen wenigstens einen Job. Ich hab das bisher immer kritisch gesehen, weil ich mir dachte: „Aber dann ändert sich ja nix! Irgendwie muss man als kritischer Konsument hier im Westen doch ein Zeichen setzen können!“

Kelsey Timmerman hat sein Buch 2007 recherchiert und geschrieben – danach kam die Wirtschaftskrise. Die wir in Österreich zwar wenn, dann wirklich nur marginal gespürt haben. In den USA hat sie jedoch voll zugeschlagen. Und dementsprechend ging dort der Konsum signifikant zurück. Die US-Amerikaner kauften weniger, nutzten ihre Eigentümer länger.

2007 traf Timmerman in Kambodscha zwei Näherinnen, die beide vom Dorf kamen, und als Jeansnäherinnen in der Stadt ihr halbes Gehalt nachhause schicken mussten, um ihre Familie zu ernähren. Die eine wollte unbedingt einen Schönheitssalon eröffnen, die andere träumte von einem fixen Vertrag – zum damaligen Zeitpunkt kontne sie jederzeit rausgeschmissen werden. Er begleitete sie in ihre Heimatdörfer, lernte ihre Familie kennen, lies sich von den Brüdern der einen auslachen, als er bemerkte, dass er in einem Ameisenhügel stand.

Als die Krise zuschlug, wirkte sie sich auch auf Kambodscha aus. Signifikant viele Fabriken schlossen, die NäherInnen wurden schlagartig arbeitslos. Timmerman recherchierte, wie es den beiden Mädels (deren Namen ich vergessen hab, aber das Buch liegt zwei Zimmer weiter, ich kann so unglaublich faul sein, sorry) ging. Sie hatten „Glück“, die eine war inzwischen Mama und verkaufte Beautyprodukte in und vor ihrem Haus, die andere hatte eine Anstellung in einem Hotel gefunden. Anstrengend, aber angestellt.  Viele andere jedoch hatten nicht so viel Glück, auch hier gibt es eine erhebliche Dunkelziffer, was Prostitution oder sogar Selbstmorde angeht.

Es ist doch wirklich teuflisch. Einerseits haben wir Westeuropäer und US-Amerikaner den globalen Süden quasi versklavt, sehr pauschal gesprochen und dennoch auf die Textilindustrie gemünzt. Und jetzt müssen wir dieses System erhalten, damit die Sklaven nicht komplett verhungern? Das ist ein Form der Co-Abhängigkeit, die sicherlich keiner der beiden Parteien (den reichen, kaufenden Westlern und den Arbeit suchenden Kambodschanern) eingefallen wäre. Das ist auf dem Mist einiger, weniger, verabscheuenswürdig geldgeiler Menschen gewachsen und außer Kontrolle geraten. Aber halt, so einfach ist es nicht: Wir sind auch gewaltig mit Schuld daran, dass es so weit gekommen ist, indem wir über 25 Jahre das günstige Angebot mehr als nur genossen haben und nicht weiter darüber nachgedacht haben, wo es herkommt und wie es hergestellt wurde.

Nur, was machen wir jetzt? Ja, ich stehe da draußen für einen einjährigen Konsumboykott, den ich aus persönlichen Gründen begonnen habe. Ich bin auch überzeugt, dass man „gut“ konsumieren kann und so die bessere, faire Form der Produktion unterstützen kann. Ich hab halt immer noch keine Lust auf konventionelle Mode, das ist auch im letzten Jahr nicht wiedergekommen. Ich denke oft darüber nach, was die Kollegin mir mal gesagt hat – dass es vielleicht doch besser wäre, würden die Mädchen nicht in die Stadt gezwungen, sondern würden arm zwar, aber am Land und in der Landwirtschaft bleiben – und kann mich immer noch nicht entscheiden, ob ich ihr rechtgeben oder entschieden widersprechen soll. Ich weiß nur für mich persönlich: Ich weiß, wie gesegnet ich allein durch den Ort meiner Geburt bin. Ich weiß, dass ich nicht komplett gedankenlos durch die Gegend gehen will, und ich weiß, dass ich so gut wie möglich sozial und ökologisch verträglich Produziertes kaufen möchte.

Vor allem dieser Gedanke, dass wir hier es wahrscheinlich kurzfristig dort schlimmer machen, weil wirs besser machen wollen für die ArbeiterInnen, der nervt. Aber konsequent durchgedacht bin ich eine von denen, die – wenn sich der von uns proklamierte „gute Konsum“ durchsetzt, die Jobs einiger KambodschanerInnen auf dem Gewissen haben, plakativ gesprochen. Es ist doch gemein, dieses Gefühl, dass man nichts richtig machen kann.

Getaggt mit , , , ,

Presse-Kommentar: Der Mann hat sooo recht!

Ich bin gestern Abend schon drübergestolpert online, heute stehts in der Printausgabe der Presse: Der Mann hat einfach nur so recht, und fasst es wunderbar zusammen. So schön, dass ich es unbedingt auch hier am Blog posten möchte, nicht nur auf Facebook:

„T-Shirt, made in Bangladesch“: Moral ist nicht eingepreist

Kritisieren, und trotzdem kaufen. Erklärungsversuch einer Doppelmoral.

Von Adrian Lobe  (Die Presse)

Erinnert sich noch jemand? Im Mai 2013 stürzte in Bangladesch eine Textilfabrik ein. Über 1000 Menschen starben. Die Bilder lösten Entsetzen aus, die Empörung war groß. Medien, Wirtschaft und Politik geißelten die katastrophalen Arbeitsbedingungen: Die Verantwortlichen müssen zur Rechenschaft gezogen und die Arbeitsplatzverhältnisse verbessert werden, war der einhellige Tenor. Große Modeketten wie H&M, Benetton und Zara, die in Bangladesch und anderen Billiglohnländern in großem Stil produzieren, wurden an den Pranger gestellt.

Ein Jahr später ist man wieder am Ausgangspunkt angelangt. Vom moralischen Furor ist wenig geblieben, das Geschäft geht munter weiter. Die Leute kaufen eifrig bei den gebrandmarkten Kaufhausketten ein, das Etikett mit der Aufschrift „Made in Bangladesch“ wird ignoriert. Was zählt, ist der Preis.

Das T-Shirt ist kein Gebrauchsgegenstand mehr, den man über einen längeren Zeitraum trägt, sondern ein Einwegprodukt, das man einmal anzieht und dann in den Müll wirft. Wir gehen verschwenderisch mit Ressourcen um.

Die modernen Sklaven in der Dritten Welt, die oft nicht mehr als einen US-Dollar am Tag verdienen und in erbärmlichen Behausungen leben, müssen für den Überflusskonsum in den Industrienationen schuften. Die Frage ist: Wie lange können wir uns diesen Lebensstil noch leisten? Wie viele Fabriken müssen noch einstürzen, ehe ein Umdenken einsetzt?

Komplizen der Textilindustrie

Die Gutmenschen im Westen, die gern Menschenrechte einfordern und sich in Krisengebieten zum moralischen Scharfrichter aufschwingen, werden zu Komplizen der Textilindustrie. Eine Doppelmoral und üble Heuchelei: Wir zeigen mit dem Finger auf böse Modeketten und Ausbeuter, kaufen aber ihre Produkte – und unterstützen damit dieses Treiben. Wir finden es irgendwie „cool“, ein iPhone in den Händen zu halten, das eine glatte Oberfläche hat, sich perfekt an den Nutzer anschmiegt, wollen aber nicht einsehen, dass an den seltenen Erden oftmals Blut klebt. Wir sehen das Produkt, aber nicht die Leute, die es produzieren.

Fair Trade ist nur eine Nische

Auf modisch gefärbten Jeans erkennt man keine Schweißperlen. Und man sieht auch nicht die verklebten Lungen chinesischer Arbeiter, die Jeanshosen mit einem Giftcocktail aus Chemikalien bearbeiten, damit diese den gewünschten Vintage-Look bekommen.

Natürlich empfinden wir es als himmelschreiende Ungerechtigkeit, wenn wir in den Abendnachrichten die Arbeitsbedingungen in den Fabriken sehen. Trotzdem gehen wir am nächsten Tag ins Modegeschäft, eben weil es billig ist. Der Homo oeconomicus wägt zwischen Preis und Konsumwert ab. Die Moral ist nicht eingepreist.

Es gibt die Kritiker von Attac und Greenpeace an diesem Geschäftsgebaren. Doch Nichtregierungsorganisationen können dem System nur schwerlich etwas entgegensetzen. Fair Trade ist nur eine Nische. Die Macht der Verbraucher ist die Ohnmacht der Arbeiter.

Ist der mediale Scheinwerfer weg, gerät die Misere in Vergessenheit. Die moderne Konsumgesellschaft ist nicht nur eine Wegwerfgesellschaft, sondern auch eine Wegschaugesellschaft. Wir sehen verschämt weg oder setzen Betroffenheitsminen auf, wenn wir mit der Armut konfrontiert werden.

Wir ergehen uns in Empörungsexerzitien, fordern vehement ein Ende der Ausbeutung, mehr Gerechtigkeit und Fairness. Doch mit unserem Kaufverhalten konterkarieren wir eben unsere wohlfeilen Intentionen. Wir werden die Welt nicht retten. Aber wir sollten unsere hehren Motive nicht an der Kaufhauskasse vergessen.

Adrian Lobe (geb. 1988) studierte Politik- und Rechtswissenschaft in Tübingen und arbeitet als freier Journalist für diverse Medien.

Getaggt mit , , ,

Kambodscha, KiK und kotzen wollen

Es ist zwar schon spät, aber ich muss mir das jetzt von der Seele schreiben. Ich find es so unendlich traurig, dass diese Nachrichtenmeldungen derzeit kein Ende nehmen (und gleichzeitig freu ich mich, dass es Nachrichtenmeldungen sind, dass es inzwischen so einen Nachrichten wert hat, dass wir hier in Österreich und Deutschland davon erfahren).

Es gibt wieder Streiks und Demonstrationen von TextilarbeiterInnen. Diesmal in Kambodscha. Auch dort wird um eine signifikante Erhöhung der Mindestlöhne gekämpft, da die aktuellen Löhne im Textilbereich zum Leben einfach hinten und vorne nicht mehr reichen. Und das Militär ist gleich mal auf sie los gegangen – mit dem Argument, die Streikenden wollten „zur Zerstörung von Fabriksbesitz anstiften“. Stattdessen wurden die Streikenden zerstört – mit Messern, Kalaschnikows, Steinschleudern und Schlagstöcken. Echt, da fehlt nur noch Tränengas in der Liste. Zum Kotzen. Da kämpfen welche FRIEDLICH um ihr MENSCHENRECHT (das Recht auf einen Existenzlohn steht in der Menschenrechtscharta) – und werden dafür verprügelt und verhaftet.

Wenn nicht das schon arg genug wäre: Die Menschen kämpfen um 160 Euro im Monat. Gut, momentan ist hier alles voll mit Ausverkaufsangeboten, aber die „Vorher“-Preise bei Turnschuhen zB. kommen doch manchmal dort hin, preistechnisch gesehen. Die hier, zum Beispiel, oder die hier. Und: Diese Schuhe werden im Kambodscha genäht. Also. Ein Paar Schuhe von zig, die ein Arbeiter pro Tag zumindest in Teilen zusammennäht. Und er kriegt nichtmal 160 Euro im Monat dafür.

Ja, der Lebensstandard in Kambodscha ist ein anderer. Im Gegensatz zu hier kann man dort wahrscheinlich von 160 Euro im Monat halbwegs leben (bevor ich das jetzt hier um die Ohren gehaut krieg: Nein, ich glaube nicht, dass man hier mit 160 Euro leben kann. Nicht, wenn man Miete zahlen muss.). Aber allein schon darum kämpfen zu müssen, mit der Gefahr, entweder verprügelt, verhaftet oder gleich versehentlich umgebracht zu werden, kann sich das hier bitte mal jemand vorstellen? Wir ÖsterreicherInnen haben ja nichtmal die Donnerstagsdemos konsequent durchgehalten, und wenn der VGT auf der Mariahilferstraße demonstriert, sind da mehr Einsatzwagen als Demonstranten anwesend – und gemeinsam spazieren diese gemütlich die Mahü runter…. 

Gleichzeitig mit den Unruhen hat der Chef der Tengelmanngruppe (wo KiK dazugehört) ein Interview gegeben. Ganz ehrlich, das liest sich so derartig scheinheilig und verlogen, dass mir schlecht wurde beim Lesen. Ich zitiere ORF.at:

Die Bekenntnisse westlicher Billigmodeketten zur Verbesserung der Arbeitsbedingungen sind jedenfalls kaum mehr als schöne Worte. Erst am Donnerstag verteidigte der Handelskonzern Tengelmann, zu dem der Textildiskonter Kik gehört, die Produktion von Kleidung in Bangladesch. „Ich wehre mich dagegen, dass es aufgrund niedriger Preise automatisch zu schlechten Produktionsbedingungen kommen muss“, sagte Tengelmann-Chef Karl-Erivan Haub gegenüber der „Westdeutschen Allgemeinen Zeitung“ („WAZ“).

In den Fabriken werde nicht nur für Kik, sondern auch für Markenfirmen genäht, argumentierte Haub. Er erklärte, der Tengelmann-Konzern habe „in den letzten Jahren begonnen, allein und aus eigener Kraft einige Verbesserungen in den Produktionsländern auf die Beine zu stellen. Das ist uns aber nicht mit großem durchschlagendem Erfolg gelungen“. Mit Blick auf die jüngsten Fabrikskatastrophen fügte er hinzu, es sei sehr traurig, dass sich die produzierenden Unternehmen erst dadurch zusammengetan hätten.

Hallo? Es ist in SEINER (Mit-)Verantwortung, solche Katastrophen zu verhindern! Danach sagen: Hui, wie traurig, dass erst danach was passiert, aber leider, vorher hatten wir nicht den „durchschlagenden Erfolg“, weil wir halt doch nicht zu viel Gewinn einbüßen wollten….. ich mag solche Menschen nicht. Punkt.

Im Standard kommentiert Julia Herrnböck die aktuellen Entwicklungen in Kambodscha, und für diesen Absatz könnte ich sie abbusseln, sie hat einfach durch und durch recht:

Mit dem gleichen Druck sollten wir Konsumenten auch auf Gewalt und Repression reagieren, mit der Löhne unter dem Existenzminium erzwungen werden. Und wenn sich die Konsumenten ihrer Rolle bewusst werden und ein paar alte Einkaufsgewohnheiten überdenken, könnte sich noch mehr zum Besseren wenden.

Wenn die Unternehmenschefs schon keine große Intention zeigen, etwas zu ändern, dann sollten wir KonsumentInnen es endlich tun. Ich sags in jedem Interview im Moment, und ich werds auch in jedem noch folgenden sagen: Mit jedem Einkauf, mit jeder Konsumtätigkeit setzen wir eine politische Handlung.

Echt jetzt, buddhistische Mönche verprügeln. Das ist ja wohl das Letzte. So ganz nebenbei.

Getaggt mit , , , , ,

Österreichische Aktivistin in Kambodscha festgenommen

Folgende Presseaussendung ist soeben in meine Inbox geflattert und hat mir den Mund offen stehen lassen. Erstens, weil ich die werte Frau Königshofer kenne, zweitens, weil ichs unglaublich finde, dass es zu Festnahmen kommen konnte, und drittens, dass die Kieberei dort die Interessen der Wirtschaft und nicht die der BürgerInnen schützt. Ja haben die denn gar keine Rechte mehr?! (letzteres: rhetorische Frage. I waas eeh. Aber es ist jedesmal wieder erschütternd…)

Österreichische Clean Clothes-Aktivistin von kambodschanischer Polizei festgenommen

11.03.2013, Wien/ Phnom Penh. Am Dienstag, den 05.03., wurde Michaela Königshofer, Leiterin der österreichischen Clean Clothes Kampagne und weitere vier AktivistInnen aus Belgien, Norwegen und den Niederlanden in der Nähe der kambodschanischen Hauptstadt Phnom Penh in Polizeigewahrsam genommen, weil sie eine Versammlung von streikenden TextilarbeiterInnen vor den Toren der Bekleidungsfabrik E Garment besucht hatten.

Die Streikenden wollten auf die illegale Entlassung von 41 ArbeiterInnen, alle Mitglieder der unabhängigen Gewerkschaft C.CAWDU, aufmerksam machen. Sie waren in den vergangenen Wochen mit brutalen Übergriffen von der Polizei und vom Fabrikmanagement angeheuerten Schlägern konfrontiert gewesen. Sieben wurden mit Eisenrohren und mit nägelbesetzten Holzstöcken angegriffen und niedergeschlagen. Nach Angaben von ArbeiterInnen produziert das Unternehmen Bekleidung u.a. für bekannte Marken wie Esprit und Diesel. Die Fabrik ist bekannt für ihre guten Beziehungen zur örtlichen Polizei und für ihr brutales Vorgehen gegen KritikerInnen.

VertreterInnen der Clean Clothes Kampagne (CCK) wurden nach dem Besuch der Protestversammlung zu einer örtlichen Polizeistation gebracht, wo sie über sechs Stunden festgehalten und befragt wurden. Die österreichische CCK-Aktivistin Michaela Königshofer zeigt sich schockiert: „Die Tatsache, dass die kambodschanische Polizei Aktivistinnen und Aktivisten von internationalen NGOs festnimmt, nur weil wir uns mit Arbeiterinnen und Arbeitern vor dem Fabrikseingang getroffen haben, sagt sehr viel über die Menschenrechtssituation und die Organisationsfreiheit in diesem Land aus. Im Februar wurde sogar eine im fünften Monat schwangere Arbeiterin, die sich unter den Streikenden befand von Schlägern attackiert. Wieso werden wir festgenommen und nicht die Leute, die diese Arbeiterinnen und Arbeiter schlagen?“ Die fünf konnten schließlich kurz vor Mitternacht die Polizeistation wieder verlassen – begleitet von mehr als 50 Personen, die sich vor der Polizeistation versammelt hatten, darunter viele der streikenden ArbeiterInnen, lokale GewerkschaftsaktivistInnen und MitarbeiterInnen von Arbeitsrechtsorganisationen.

„Die örtliche Gewerkschaft C.CADWU hat alles in ihrer Macht Stehenden getan, um uns heil herauszuholen und riskierte damit ihre eigene Sicherheit. Die CCK lässt sich aber nicht so leicht einschüchtern und wird den Fall der Arbeiterinnen von E Garment aufmerksam weiterverfolgen. Wir fordern ein Ende der Gewalt und Unterdrückung sowie eine umfassende Untersuchung der brutalen Übergriffe“, so Michaela Königshofer.

Ath Thorn, Präsident von C.CAWDU ergänzt weiter: „Das Management von E Garment setzt alles daran die Arbeiterinnen und Arbeiter, die Gewerkschaftsaktivistinnen und -aktivisten und unsere europäischen Kolleginnen und Kollegen einzuschüchtern. Solche Aktionen müssen gründlich untersucht und vor Gericht gebracht werden.“

Die Streikenden verlangen in erster Linie die Wiedereinstellung der unrechtmäßig entlassenen ArbeiterInnen und die Bezahlung der durch den Streik ausstehenden Löhne. Sie fordern das Fabrikmanagement und die Polizei auf, die gewalttätigen Einschüchterungsversuche zu beenden.
„Die Vorkommnisse in Phnom Penh haben ganz klar gezeigt, dass hier wirtschaftliche Interessen vor Menschen- und Arbeitsrechten Vorrang haben, mit Unterstützung der Polizei. Wir fordern von den Unternehmen, die bei uns mit der unter solchen Umständen produzierten Bekleidung Geschäfte machen, sich für eine Verbesserung der Arbeitsbedingungen in den kambodschanischen Fabriken einzusetzen“, resümiert Königshofer nach ihrer Rückkehr nach Österreich am vergangenen Freitag.
In den nächsten Tagen wird es auf der Website der Clean Clothes Kampagne auch eine E-Mail Protestaktion gegen die Missstände in Kambodscha geben.

Getaggt mit , , ,

Von der Verantwortung

Ich weiß, saublöder Widerspruch, weil meine neuen Stiefel konventionell hergestellt wurden. Das Spannende ist: Konventionelle Mode, also von den diversen Textilketten, ist für mich dennoch inakzeptabel geworden. Bei Schuhen muss ich wohl noch ein paar Meter am Weg in die Richtung gehen…

Der Widerspruch, vor dem ich immer öfter stehe, je mehr ich mich damit beschäftige: Einkaufsboykotts von Fast-Fashion-Marken mag den Unternehmen VIELLEICHT wehtun (wenn viele auf einmal boykottieren), aber den Näherinnen, denen tut das WIRKLICH weh. Weil die ihren Job verlieren. Andererseits: Das sind derart schlecht bezahlte und gefährliche Jobs, dass es keine Entscheidung zwischen „Haben sie ihren Job“ oder „haben sie ihren Job nicht“ sein darf, sondern eine klare Forderung nach „sie müssen einen sicheren, gutbezahlten Job haben“ sein muss.

Wer wirklich will, soll auch bei den klassischen Textiketten einkaufen gehen. Aber bitte nicht auf diesen Fast-Fashion-alle-drei-Wochen-shoppen-gehen-Wahn reinfallen. Been there, done that. Nix gut. Aber einen Haken hat die Sache in meinen Augen: Kauft man bei jenen Ketten, steht man direkt in der Verantwortung derer, die die Stücke produzieren (wir wissen, dass sie nicht fair bezahlt und gut behandelt werden, sondern dass unser Geld in der Werbung der Konzerne landet, oder?). Klingt naiv, und wirklich helfen geht von hier aus schwer, denkt man da schnell. Ein Schritt hier wäre, den Ketten zu beweisen, dass man bereit ist, für faire Mode mehr zu zahlen. Ein Euro pro Shirt mehr, und die Gehälter in Bangladesch würden signifikant steigen. So eine internationale „Bitte ich will mehr bezahlen“-Petition fänd ich angebracht (oder gibts die schon? Clean Clothes arbeitet in die Richtung, aber nicht mit dem Claim, wenn ich mich richtig erinnere). Weg von dieser „ich bin doch nicht blöd“ und „Geiz ist geil“-Mentalität…

Aber was wirklich jeder kann: Teilt das Video, ob auf Facebook oder sonst wo. Dass öffentlicher Druck einiges bewirken kann, beweist sich mir auch in meinem Job immer wieder. Je mehr Menschen Druck auf die Verantwortlichen machen, dass sich die Zustände in den Fabriken der Billiglohnländer ändern müssen, desto größer ist die Wahrscheinlichkeit, dass sich langsam, sehr sehr langsam, aber doch etwas bewegt für die (größtenteils) Frauen, die unsere Kleidung nähen. Ich mag den Gedanken nicht, dass ich Kleidung trage, die in sklavenartigen Situationen entstanden ist – und diese Kleidung wird hierzulande auch einfach nicht wertgeschätzt, nach einer halben Saison weggeschmissen. Das muss doch verdammtnochmal auch anders gehen! Himmelnochmal! So kann man Menschen doch nicht behandeln!

Getaggt mit , , , , ,

Gegenwind ausm eigenen Land

Der Textilschwede wird vom schwedischen TV böse kritisiert. Mit englischen Untertiteln. Viel gibts dazu nicht zu sagen – außer: Und nochmal 20 Minuten, die mich davon abhalten, 2013 wieder schwach zu werden.

 

Getaggt mit , , ,