Ich bin gestern Abend mitm Liebsten noch ins Diskutieren gekommen. Wir sahen uns gemeinsam einen kurzen Beitrag über das Altkleidersystem in Afrika an. Kurzfassung: Alte, ausgemistete Kleidung wird containerweise nach Afrika verschifft und dort um ein bis zwei Euro das Stück auf Märkten verkauft. Vielerorts wird es direkt vor Ort (blöde Wortwiederholung, sorry) umgenäht und so passend gemacht. An sich ist es ja keine schlechte Idee: Das Leben von Kleidungsstücken, die ansonsten nur die Müllberge vergrößern würden, wird signifikant verlängert. Direkte Anpassungsmaßnahmen vor Ort. „Ist doch schlau, das System!“, meinte der Liebste: „Nur die Transporte, die sind halt deppert.“
Ich erwiderte, dass die Idee ja – wenngleich etwas kolonialistisch angehaucht – ja wirklich nicht schlecht ist, allerdings in der Umsetzung ganzganz böse Mängel hat. Der größte davon: Die jeweiligen nationalen afrikanischen Textilmärkte, – fabriken usw. sind komplett am Boden. Bei Stückpreisen von 1-2 Euro kann niemand mithalten. Ein kompletter Wirtschaftszweig auf einem Kontinent, der sowieso schon nicht in Reichtum schwimmt, weggebrochen.
Das Fazit von uns beiden: Eigentlich unglaublich – Kleidung, die aus US-amerikanischer Baumwolle billigst in Fernost produziert wird, wird in Europa „zer“tragen, weitergeschickt nach Afrika und wirkt dort wirtschaftszerstörend. Die Globalisierung hat echt einige Vorteile mit sich gebracht – aber das ist eine der unzählbar vielen Absurditäten davon.
die frage ist, in welchen dieser länder es überhaupt jemals eine textilindustrie gegeben hat. nur wenige afrikanische länder haben die voraussetzungen für baumwollproduktion, vor allem wegen des massiven bewässerungsbedarfs. ich denke, dass schon vor der unabhängigkeit der afrikanischen länder der baumwollmarkt von den usa und indien beherrscht wurde und kein afrikanisches land sich jemals mit baumwolle „selbstversorgen“ konnte.
man darf auch nicht vergessen, dass von der recycle-modeindustrie auch eine menge leute leben. ganz abgesehen von dem bedarf der konsumenten nach westlichen produkten – importware gilt als luxus, auch wenn es second hand ist. die sind genauso dämlich wie wir, wenn wir irgendwelchen marken hinterherlaufen … ^^
es geht um die Fertigung, die es sehr wohl in sehr vielen afrikanischen Ländern gab. Baumwollanbau in Afrika ist vor allem in Togo und Kamerun verbreitet, dort jedoch so stark, dass es eine Verdrängung des Anbaus von Lebensmitteln für den eigenen Bedarf gibt…
ich hätte eigentlich noch n haufen alter klamotten die noch ganz okay sind, verkaufen sich aber nicht lohnt,. ich würd die ja einfach in den altkleidercontainer schmeißen, aber da weiß man ja nie ob man damit den von dir beschriebenen prozess füttert und mehr kaputt macht als man hilft…
aufhalten kann man es leider nicht. um so etwas komplexes wie ein irregelaufenes wirschaftssystem wieder auf einen guten weg zu bringen brauchts leider mehr als einen boykott. interessant wäre mal ein statement von jemandem, der sich mit der afrikanischen wirtschaftsmisere gut auskennt. wie soll man aus unserer weit entfernten und eingeschränkten perspektive das problem beurteilen?
und wie schon geschrieben, es ist nicht möglich den leuten den BEDARF auszureden. westliche konsumgüter sind nun mal in. selbst wenn einheimische waren verfügbar sind, kaufen sie lieber teure us-amerikanische sachen, weil das als luxusgut gilt.