Ich bin eine schlechte Bloggerin. Ich hab mich nämlich immer noch nicht auf anständige Recherchegrundlage für diesen Post begeben, dabei hab ich ihn schon so lang versprochen. Und dann das – da geh ich kurz mal ins Printa, weil die die neue Kollektion vorstellen, alles Upcycling, alles fair, alles superhübsch, und will um acht zuhause sein, und dann wackel ich um halb elf zuhause an, bring dafür in mir drin zirka achtzehn Glas Rose mit.
Darum mein Feedback auf die neue Textilschwedenkollektion in Kurzaufzählung.
- Ich finds gut, dass der Textilschwede mit seiner internationalen Macht ressourcenschonende Mode thematisiert.
- Ich frag mich, wie ressourcenschonend die Mode ist, wenn sie für die Filialen weltweit produziert wird und nicht regional angepasst ist.
- …Was eigentlich wurscht ist, weil eh alles in Fernost produziert wird.
- Und damit hätten wir den Haken. Faire Produktion? Fehlanzeige. Ich find die ökologischen Ansätze gut, keine Frage, aber wer näht die Sachen?
- Ich habe dem CEO von H&M seinen schwachsinnigen Vorschlag, er wolle ein eigenes Fairtrade-Label, das weltweit gültig sein soll, gründen, immer noch nicht verziehen. Warum? Weils das schon gibt, himmelnochmal! Nicht eigene Regeln schreiben, sondern an bestehende Regeln halten!
- Die Kritik mehrerer, dass die Sachen nicht alltagstauglich sind, teile ich nur bedingt. Ja, das rosefarbene oder das schwarze Kleid sind nicht alltagstauglich (aber saufesch, das muss man zugeben!), aber sie sind fashion forward. Und das ist der Vorwurf, den faire Mode immer wieder kassiert, dass sie nicht avantgarde, nicht fashion forward ist. Da tut der Textilschwede schon einen großen Schritt, den ich anerkenne.
- Ich finds übrigens echt spannend, dass einige Leserinnen in den Kommentaren doch nur auf die Optik der Teile eingegangen ist und nicht auf den Hintergrund. Im Endeffekt ist es dann halt doch das in der Mode, was zählt. Wenns nicht geil ausschaut, kanns zwanzigmal fair und öko sein, oder eben nicht. Kein Vorwurf, ich finds einfach spannend, und es bestätigt mein Bestreben: Weg von der Jutesackmode, aber schnell!
- Ich bin also echt halbehalbe. Eine wirklich trendige Kollektion, ressourcenschonend produziert, soweit der Textilschwede das auch kann. Und der Textilschwede hat seeehr viel Marktmacht. Wenn der jetzt ernsthaft so auf Öko tut, dann lassen wir ihn das tun. Und schauen ihm auf die Finger, ob er das auch wirklich öko macht, oder ob er uns verarscht. Aaaaaaber leider gibts da noch ein Argument, dass es für mich ein bissl ins Negative wackeln lässt:
- Der Textilschwede ist bekannt dafür, dass man bei ihm Jeans um 10 Euro bekommt, Basics um fünf Euro, und auch ansonsten kosten trendige Teile selten mehr als 25 Euro, machmal 40, aber das muss dann schon seeehr leiwand sein. Diese Kollektion bewegt sich zwischen 60 und 399 Euro. 399 für ein Teil beim Textilschweden, das hätten sich die Kassiererinnen dort wohl auch nie gedacht, oder? Leider bestätigts ein Vorurteil: Ökomode ist ja soooo teuer. Ehrlich: Wenn man Mode sucht, die ihrer Zeit voraus ist, dann sucht man bei kleinen Designern, und da kostet ein Teil mal schon so viel. Aber das erwartet man nicht beim Textilschweden. Und dort ist man über solche Preise schockiert, und schon bestätigt sich das Vorurteil wieder. Und das ärgert mich. Weil die Leute, die sich genau gar nicht mit Ökomode (ich will dauernd faire Mode schreiben, aber das ist es ja nicht) beschäftigen, die denken sich: Pfoah, soooo viel teurer als die „normalen“ Sachen. Und die, die sich auskennen, denken sich: Preislich o.k., aber nur öko, nicht fair. Und jetzt?
- Nein, ich hab bei keinem der Teile ein Habenwollengefühl. Das hab ich bei einem der neuen Maronskiteile. Dem Gelben, aber in Graugrün. Ich hatte es schon an. Ich bin verliebt. Sehr. Sehr sehr sehr.
Liebe Bannerbagsverlosungsteilnehmerinnenundergebniserwarterinnen: Kommt noch. Heut noch. Versprochen.
Der Textilschwede hat halt auch den Ruf, billig im Sinne von günstige Klamotten zu sein. Da schluckt man bei solchen Preisen wie 399 Euro viel eher, als man es bei einem kleinen Designerladen oder bei einem Laden tun würde, der schon bekannt für Ökomode ist. Das ist eben auch eine Imagefrage. Was Punkt 7 angeht, kann ich dir nur zustimmen. Letztendlich zählt das Aussehen eben doch, auch wenn man auf öko/fairtrade achten will. Das Teil kann noch so öko sein – wenn es kein Wohlfühlteil ist, dann bleibt es im Schrank hängen.
Und was Alltagstauglichkeit angeht: Rein vom Optischen würde ich mit dem blau gebatikten Oberteil jederzeit durch die Straßen flitzen. 😉
bei punkt 9 ist der dicke haken:
nicht die öko-mode ist ‚zu teuer‘, sondern die üblichen sachen sind zu billig. (weil am geldbeutel der käuferInnen orientiert, nicht am anbau und dem geldbeutel der produzentinnen am untersten ende der produktionskette.)
Jaja, schon klar! Wie auch geschrieben, Menschen, die sich mit fairer Mode auskennen, finden die Preise nicht gar so schlimm. Allerdings hängen diese beiden Kollektionen, die billige und eben diese hier, nebeneinander im Laden. Und da wirkt sie dann auf die Kundinnen, die sich sonst mit Billigware eindecken, einfach nur teuer. Das find ich halt bäh.
Ich persönlich find die Sachen sehr fesch. Weil wie du sagst, der Großteil der fairen und öko Sachen ist eben Jutesackmode… leider…
Ich würde trotzdem kein Teil von der Kollektion kaufen und ich finde der Punkt fehlt in deiner Liste: Weil die Kollektion aus einem Konzern kommt, der es sonst ja nicht so genau nimmt. Und wenn man die Kollektion fürs gute Gewissen kauft, unterstützt man im Endeffekt nur diese Strukturen. Für mich gilt das nicht, zu sagen, hier ein Teil öko, das andere „normal“. Ganz oder gar nicht…
Ist ein guter Ansatz von dir! ich bin da immer wieder zerrissen. Einerseits denke ich wie du und versuche, meine Mode wirklich nur von denen zu kaufen, die es ernst meinen, aber andererseits haben diese Riesenkonzerne eine wahnsinnige Marktmacht, und ich wünsch mir sehr, dass sie sie mal richtig nutzen. DIe Kollektion ist ein (in meinen Augen noch nicht richtig großer, in deren Augen wahrscheinlich riesiger) Schritt dorthin. Aber wo ich dir widersprechen muss, ist die Aussage, dass ein Großteil der fairen Ökosachen Jutesackmode ist. Es gibt unglaublich viele Labels, die extrem hübsch schneidern, schau mal auf orfafa.de, da findest du einen großen Überblick!
Du sprichst mir aus der Seele!
Ich geb dir in allen Punkten recht. Finde auch, man muss das honorieren, dass sich ein so großes Unternehmen zum grünen hin verändert. Zielgruppe sind vielleicht eh nicht die, die sonst schon öko kaufen, sondern die, die sonst nie in solche Läden gehen. Vielleicht bringt es ein Umdenken bei einigen (aber bei dem Preis muss man sehen, dass nicht eher Vorurteile manifestiert werden! )
Ich finde die Sachen sehr-sehr schön,aber ganz ehrlich zu extrem vom Design her. Ich persönlich halte das ganze für eine große Verarsche – da in die Läden vom Textilschweden ein bestimmtes Kontingent geht und ein bestimmtes Art von Klamotten kauft (billig halt und mainstream) werden die Sachen nicht so gut verkauft (vor allem wegen dem Design obwohl der Preis ist auch nicht gerade…hm…). Am Ende wird man sagen: „Es hat sich nicht gelohnt, nachhaltig und fair zu produzieren, keine Nachfrage, wir machen alles so wie früher, wir haben es ja versucht“. Frechheit so was! Ebenso glaube ich, dass die Zeit des Upcyclings noch nicht gekommen ist – ich mache so was auch ein bischen und höre immer wieder – wer wird es kaufen, wer wird es tragen, wozu das Ganze, wo sind die Kartoffelsäcke in Farbe Khaki an die wir gewohnt sind??? Aber es gibt immer wieder Menschen, die es kaufen,tragen und froh darüber sind:) Ich bin auch überzeugt, dass es in 5 Jahren komplett anders aussehen wird, es ist nur Frage der Zeit…:)
Ich bin mir nicht mal sicher, wieviel Öko da drin steckt und H&M trau ich leider nicht so ganz über den Weg. Recyceltes Polyester kann viel bedeuten. Woher weiß ich denn, wie hoch der Energieaufwand dabei war, und die Farben, woher weiß ich denn, ob die nicht giftig sind und in den chinesischen Flüssen gelandet sind, na ja und von fairtrade kann hier vermutlich nicht die Rede sein. Soweit ich die Sache an sich gut finde und es als wichtig erachte, dass sich Textilriesen wie H&M an dieses Thema herantrauen, genauso fragwürdig finde ich es. Und Textilriesen traue ich generell nur ungern ;-). Da muss aber auch mal gesagt sein, dass H&M riesige Massen abnimmt und selten gute Qualität produziert (da fallen die Sachen ja schon beim Kauf auseinander), deswegen können sie unabhängig vom Lohn auch billiger produzieren. Bei einem faireren Lohn wären die meisten Sachen für uns nicht mal einen Euro teurer. Allein schon deswegen sind die Teile erschreckend überteuert…
Zum Design: Mutig…aber okay, mein Ding ist es überhaupt nicht, zuviel Klimbim und Rüsche. Es ist zwar modisch aber nicht direkt trendy, so dass ich mal behaupten würde, dass man es nicht nach kurzer Zeit in die Tonne klopft. Könnten eher extravagante Lieblingsteile draus werden (wenn sie denn so lange halten). Also eigentlich ein ziemlich guter Ansatz, Ökomode auf den Markt zu bringen. Und ein schönes Abendkleid zu besitzen ist ja auch nicht für jeden verkehrt.
Alles in allem bleibt es aber irgendwie eine exklusive Kollektion für Fashionitas die mal ein bisschen Mode-Öko sein wollen oder für Ökos die ein bisschen modisch sein wollen :-P. Schöner fände ich da, wenn H&M nicht so ein Spektakel draus machen würde, sondern so wie vor ein paar Jahren, einem unauffällig in den normalen Kollektionen Bio-Baumwolle unterjubeln würde (aber echte bitte!). So ist es nun wie mit den Designer-Kollektionen von H&M: limitierte Auflage führt zum Haben-Wollen-weil-außergewöhnlich-Effekt.