Was Lidl mit verhungernden NäherInnen zu tun hat

Meine Fresse, mit manchen Leuten wirds wohl nix mehr. Der Besitzer der Tazreen-Fabrik, die vor eineinhalb Jahren abgebrannt ist und 112 NäherInnen aus dem Leben riss, versucht sich nun aus dem Gefängnis raus zu erpressen: Er zahlt in seinen verbleibenden Fabriken seit drei Monaten keine Löhne mehr – und hat durchblicken lassen, dass sich das in dem Moment ändern könnte, wenn er frei kommt.

Der Spiegel und die HuffPost schreiben, dass die Lage der NäherInnen immer verzweifelter wird – viele sind deshalb in Hungerstreik getreten. Es ist doch absurd: Ein Fabriksbesitzer will ausm Gefängnis, indem er den 1500 Näherinnen, die noch leben (!), keine Löhne zahlt. Mit der Ausrede, nur wenn er aus dem Gefängnis rauskomme, würde er den Kredit bekommen, den er für die Bezahlung der Löhne brauche. Das allein: Perfidität de luxe, der Typ hat null Schuldverständnis und sollte in meinen Augen allein für diese Tat gleich nochmal zehn Jahre sitzen. Und weil die unbezahlten NäherInnen sich nicht anders zu helfen wissen – von Gewerkschaften und Arbeitsrecht wahrscheinlich keine Spur – hungern sie. Um ihren Hungerlohn wieder zu bekommen.

Ja, mei, Rechtssystem in Bangladesch, alles übel, und in China ist ein Radl umgefallen. So in etwa kann man die Geschichte lesen. Doch ein einziges Wort holt die Geschichte wieder ganz nah her und zeigt unsere Verantwortung auf: LIDL. Die sind nämlich Auftraggeber dieses Fabriksbesitzers.

Mein Lieblingsabsatz aus dem Artikel der HuffPost:

Eine Lidl-Sprecherin sagte dem „Spiegel“, man verfolge die Situation aufmerksam. Bei der Tuba-Tochter, die die Firma beliefere, sei es zu keinen Unregelmäßigkeiten gekommen.

Ja träum ich? Die werden informiert, dass ihr Lieferant seine NäherInnen nicht bezahlt, die demnächst der Reihe nach verhungern werden – aber Hauptsache, es wird nach Plan und regelmäßig geliefert? Die Aussagen, die LIDL gegenüber Respact tätigt, wirken da sogar einfach nur noch wie blanker Hohn:

Wir sind uns der Verantwortung für Mensch und Natur bewusst und setzen uns kontinuierlich dafür ein, die Bereiche Umwelt und Klimaschutz, Mitarbeiter, Gesellschaftliches Engagement und Sortiment zu verbessern.

Die TAZ schreibt dazu auch noch was „Nettes“, Lidl ließ dort Trikots für die Fußball-WM produzieren:

Unklar bleibt, warum überhaupt so ein Kredit benötigt wird: Dem Financial Express zufolge nahm die Firma mit der Trikotbestellung ein Vielfaches der Summe ein, die sie den ArbeiterInnen schuldet.

Wann hört denn diese Wut in mir endlich mal auf? Ich kann gar nicht so viel essen, wie ich kotzen möchte.

PS: Und weils mir durch einen Kommentar gerade aufgefallen ist: Was den Ecclestone die Freiheit kostet, würde drei Monatslöhne von VIERHUNDERTTAUSEND Näherinnen decken.

 

Getaggt mit , , , ,

7 Gedanken zu „Was Lidl mit verhungernden NäherInnen zu tun hat

  1. mukolama sagt:

    Ich finds einfach nur zum speiben, dass Leute meinen, mit Geld sei alles möglich (oder in dem Fall mit Geld-Entzug) und dann auch noch damit durchkommen. Wurscht ob Bangladesch, Deutschland oder sonst wo. Umso schrecklicher, wenn die Sache dann auch noch auf dem Rücken so vieler Menschen ausgetragen wird, denen es eh sowieso schon schlecht geht. 😦

  2. Rabin sagt:

    Da kann einem wirklich nur schlecht werden. :/ Und ich dachte, ich könnte nicht mehr sprachlos dastehen.

  3. Daisy Chain sagt:

    Lass uns eine Crowdfunding Kampagne starten, damit er drin bleibt!

  4. Stadtpflanze sagt:

    Ungeheuerlich.

    Aber auch andere Discounter, Drogerieketten usw. sind nicht besser. Das ist natürlich keine Entschuldigung. Aber das sollte bedacht, wenn jemand überlegt, nicht mehr dort einzukaufen. Sonst wechselt man nur vom Regen in die Traufe.

  5. […] 4) Aber Hauptsache, bei Lidl und Co. kommt es in der Lieferung zu keinen Unregelmäßigkeiten. […]

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