CURVY SUPERMODEL: YEAH, RUNDE FRAUEN KÖNNEN SICH AUCH ZUM AFFEN MACHEN!

Gestern erschien mein Gastbeitrag auf Curvect. Das Thema liegt mir so am Herzen, dass ich ihn hier auch teilen möchte:

CURVY SUPERMODEL: YEAH, RUNDE FRAUEN KÖNNEN SICH AUCH ZUM AFFEN MACHEN!

Seit ich mich intensiv mit dem Thema Body Positivity auseinandersetze, bin ich etwas allergisch gegen das kleine Wort „auch“. Wenn es Curvys und all jenen, die anderweitig aus der sowieso schon lange nicht mehr erreichbaren „Norm“ fallen, ein Anliegen ist, ihren Platz in der Gesellschaft, in den Medien, in der Aufmerksamkeit der Menschen als natürlich und selbstverständlich darzustellen, dann geht das nicht mit dem Wörtchen „auch“:

Plus Size Frauen sind nicht AUCH schön, sie sind schön.
Sie haben nicht AUCH Liebe und Anerkennung verdient, sie haben es schlicht verdient, wie jede andere Person auf diesem Planeten (ok, Kriegsverbrecher und andere Sadisten sollten wir da jetzt mal auslassen).
Wir dürfen nicht AUCH enge Tops und kurze Röcke anziehen, wir dürfen es.
Punkt.
Soweit zur Theorie.

Kommen wir mal zur derzeit im Fernsehen gelebten Praxis. Da gibt es jetzt doch glatt „Curvy Supermodel“ bereits in zweiter Staffel. Ein Modelcontest für rundere Frauen. Freuen sollte man sich, endlich wird das Bild der kurvigen Frau normalisiert. Denn Curvy Frauen sind ja AUCH schön (merkt ihr was?). Doch leider, leider, Curvy Supermodels bricht nicht mit Klischees, es verstärkt sie.

16-Jährige stolzieren in Unterwäsche auf Pferderennbahnen dahin. Ich mein – Plussize Frauen. Auf Pferderennbahnen. Das ist die erste Einladung für Bodyshamer vorm Bildschirm, auf die noch viele weitere Folgen sollen. Ja, kurvig soll man bitte sein, aber schwabbeln darf nichts. Eine Sanduhrfigur wird gesucht, aber wehe, du hast mehr Sanduhr als Größe 44. Plus Size startet übrigens bei der Jury, bestehend aus einer Kurvigen und drei sehr schlanken Menschen, bei 38.

Überhaupt, die Jury: Peyman Amin wurde ja bei Germany´s next Topmodel bekannt – als der Bad Cop, der die angehenden Models regelmäßig zusammenfaltete, damit ihr Selbstwert ja nicht größer als sein eigenes Ego war. Das Gleiche macht er nun mit angehenden Curvy Models, natürlich nur für die Quote, hinter den Kameras ist er ja ein gaaaanz ein Liiieber (ich seh sie schon vor mir, die Bild.de-Überschriften).

Mit dem kleinen Unterschied, dass es beim Zuschauen noch ein bisschen mehr weh tut, weil ich – selbst curvy – sehr gut nachempfinden kann, was in den Köpfen der Curvys vorgeht. Ich musste über dreißig werden, bis mein Selbstbewusstsein endlich so weit ausgeprägt war, dass ich im Bikini im Freibad nicht mehr halb in Ohnmacht gefallen bin vom Baucheinziehen. Hat man dieses Selbstbewusstsein noch nicht – was den durchschnittlich geschätzt 20-Jährigen nicht vorzuwerfen ist – ist das Zeigen des eigenen Körpers in Unterwäsche noch nicht gar so einfach.

Die Kandidatinnen müssen das jedoch in jeder einzelnen Folge tun. Selbst, wenn es nur um ihre neuen Frisuren geht, müssen sie sich in hautfarbenen Slips und BHs vor die Kameras stellen. Das ist keine Darstellung von Kurven, das ist Zurschaustellung.

Curvy muss sexy sein. Curvy natürlich oder gar curvy sportlich – nö. Sexy muss sein. Es muss da dringend weiterhin auf dem Klischee der „drallen Blondine“ und der „rassigen Brünetten“ herumgeorgelt werden.

Kurz: Das, was die Sendung vorgibt, ist sie nicht. Sie ebnet den Weg in ein neues Körperbild nicht. Sie verstärkt Klischees und betont, dass Curvys AUCH Models sein können. Jeder einzelne Kritikpunkt, der an Germany´s next Topmodel geäußert wird, gilt auch für Curvy Supermodel (ja, sogar das Abnehm-Argument. Wetten?). Und das ist nicht überraschend. Egal, ob kurvig oder nicht, eine auf mehrere Stunden ausgedehnte Werbesendung, unterbrochen von weinenden Mädchen, ist und bleibt Trash-TV.

Und Trash kann man mögen – oder eben AUCH nicht.

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Bobby, die Frau hinter Curvect, hat sich dazu entschlossen, weitere Meinungen und Kommentare zu Curvy Supermodel zu sammeln und so eine Debatte zu starten, die dringend nötig ist. Habt ihr auch eine Meinung dazu? Dann schreibt ihr: „Wir von Curvect möchten euch gerne die Plattform bieten um zu diskutieren. Wie findet ihr das Format Curvy Supermodel? Ihr habt auch eine Meinung zum Thema und wollt diese mit uns und unseren LeserInnen teilen? Dann schickt euren Bericht (max 500 Wörter, etwa eine A4 Seite) an office@curvect.com Wir veröffentlichen eure Meinung gerne, so lange sie nicht beleidigend oder diskriminierend ist. Diskutiert mit!“

Gestern war übrigens ein etwas irrer Tag. Ich hatte mal wieder zu allem eine Meinung, so sehr, dass ich selbst nur noch lachen konnte. Zuerstmal brachten wir bei Greenpeace diese Meldung raus, die darin gipfelte, dass ich Unmengen an Interviews gab und die Pressestelle bei Spar auch einiges zu tun hatte. Überhaupt war medialer Großkampftag, es wurde gestern nämlich auch diese Reportage gesendet. Das Thema: Kaufsucht. War ein sehr spannendes Gespräch, und auch die ganze Reportage ist sehr interessant anzuhören – sechs Tage noch online! 

Und zu Body Positivity hab ich ab Jänner so richtig viel Meinung: Tataaa

 

4 Gedanken zu „CURVY SUPERMODEL: YEAH, RUNDE FRAUEN KÖNNEN SICH AUCH ZUM AFFEN MACHEN!

  1. blaupause7 sagt:

    mich nerven vor allem die Werbeplakate für diese Sendung, auf denen die Kandidatinnen fast gar nichts anhaben.

  2. Nina sagt:

    „aus der sowieso schon lange nicht mehr erreichbaren „Norm“ fallen“

    Ich will dir keine böse Absicht unterstellen, aber diese Aussage trifft mich doch sehr.
    Ich bin 29 Jahre alt, Kleidergröße 34/XS – und erfahre häufig, dass Kommentare wie „du bist doch krank“ oder „iss mal nen Burger“ hochgelobt werden, weil „man sich ja nur Sorgen macht“. Ein „iss mal nen Burger weniger“ zu einer runden Frau erkennt jeder als unhöflich.

    Also… die Norm ist definitiv nicht der Durchschnitt. Aber erreichbar? Manche Leute sind von Natur aus so. Und sie sind auch nicht falsch oder unecht.

  3. kolrabi sagt:

    Woah, danke! Ich kritisier schon länger bei jedem Post, der dieses Format irgendwie hochloben will, dass es keine echte Akzeptanzshow ist, denn schwabbeln? Darf nix, nix.. und nix.
    es ist halt der gleiche Scheiß wie das Magerformat – ich hoffe, die Frauen, die mitmachen, können trotzdem etwas bewegen und haben ihren Spaß.

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