Mavienna: Aus Fehlern wird man stärker!

Ihr kennt ja noch Mavienna, oder? Die Jungs, die in Wien ein rein wienerisches Kindermodenlabel aufziehen. Beide keine Textiler, beide aber sehr, sehr leiwand (übrigens, Andi und Cri, ich vermiss euch! Wann wird mal wieder ein fürchterlicher Doppler aufgemacht und vor allem: Wann setzt Cri wieder lustige Taschen auf? 🙂 ). Sie haben einfach einen Plan, und der Andi, der das ganze erfunden hat, ist ein unglaublich sturer Hund. Sie haben schon mal gecrowdfundet, haben einen Laden aufgemacht, wieder zugemacht, sind bei einer Bekannten in der Nähe in den Laden gezogen, haben Maschinen gekauft, haben sie wieder verkauft. Warum? Weil sie Fehler gemacht haben. Und Fehler DARF MAN MACHEN. Ich finds wahnsinnig super, dass sie nicht einfach aufgeben. Sie haben aus ihren Fehlern gelernt und machen adaptiert weiter. Aber: Sie brauchen wieder Geld.

Warum das so ist, hat sich Andi letztens von der Seele geschrieben. Nachdem einige meiner Leserinnen nicht auf Facebook sind, hab ich mir erlaubt, den (langen) Text hier reinzukopieren. Ich sag nur: Beide Daumen hoch, ich finds super, wie ehrlich, ausführlich und selbstkritisch er hier schreibt. Ich bin bei euch, Burschen, ich unterstütz euch auch weiterhin.

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Mir war bewusst, dass wir uns auf schwieriges Terrain begeben, wenn Mavienna nach der großen Crowdfunding-Kampagne vom letzten Jahr jetzt, knapp eineinhalb Jahre später, wieder “auf Geldsuche geht”. Nach allem, was in der Zwischenzeit passiert ist. Aber was ist denn passiert? Mein Bedürfnis, zu erklären, und mein Wunsch nach Transparenz erfordern es, die Ereignisse kurz zusammenzufassen. Vorab möchte ich darauf hinweisen, dass ich dies recht spontan und unabgesprochen mache. Da ich keinen privaten Blog o.ä. führe, erscheint dieser Kommentar auf der offiziellen FB-Seite von Mavienna. Diese Zeilen sind aber meine, Andis, nicht von Dritten redigierte Meinung, meine Sicht der Dinge aus dem Blickwinkel eines von zwei Gründern und Geschäftsführern. Es sind meine Worte, die wohl auch meine Gefühlswelt der letzten Monate wiedergeben. Achterbahn Scheißdreck dagegen. Aber ich weiß, was ich die letzten drei Jahre getan hab. Und ihr dürft es gerne auch wissen.
Ich lasse hier bewusst den Zeitraum vor der ersten Kampagne aus, also vor Mai 2015. Zu diesem Zeitpunkt hatten ich und ein Team aus zwei, später drei Personen bereits eineinhalb Jahre lang viele Stunden an Arbeit und Zeit investiert. Und auch einiges an privatem Geld – bis dahin vor allem meines. Fremdkapital war keines im Spiel,
Aber dann kam sie: Die Crowdfunding-Kampagne. Die Unterstützung war überwältigend, wir waren völlig von den Socken. Aber jetzt mal ehrlich: Wir alle zusammen, Mavienna und seine Unterstützerinnen und Unterstützer, wir haben schon alle gewusst, dass es unmöglich ist, mit einem Startkapital von 10.000 Euro ein Modelabel mit eigener Näherei in Wien so aufzubauen, dass sich das ab Tag 1 selbst trägt, oder?!
Warum aber haben wir es dann trotzdem probiert und vor allem: Haben wir dabei alles richtig gemacht? Nun, wir müssen uns leider schon ein paar Versäumnisse auf die Fahnen heften. Ganz zuvorderst, dass wir zu langsam waren. Irgendwie waren wir uns selbst immer einen Schritt hinterher und konnten es nicht ändern. Und wenn wir einmal ein paar Schritte auf uns selbst aufgeholt hatten, kam etwas Unvorhergesehenes dazwischen – von Problemen mit den Schnitten bis hin zur Gebietskrankenkassa. Es ist aber zu einfach, sich Dritte als Schuldige zu suchen. Wir wussten, dass es schwierig wird und Überraschungen im Gleichschritt mit Stolpersteinen lauern. Das Ausmaß haben wir sicherlich unterschätzt, unsere Verantwortung mindert das freilich kein bisschen. Damit kann ich leben. Wer mich kennt, weiß, dass ich mich nicht wegducke und zu meinen Ideen und Überzeugungen stehe. Selbst, wenn es mich für den Rest der Welt zum “Deppen of the day” macht. Mavienna ist für mich Idee und Überzeugung zugleich. (Und noch viel mehr) Weil ich das nicht einfach wegwischen kann, gibt’s jetzt eben die neue Kampagne. Aber der Reihe nach…
Das Resultat unserer unfreiwilligen Entschleunigung war mitunter, dass die Produktion – und damit die Auslieferung der Belohnungen aus dem Crowdfunding – viel zu lang gedauert hat. Das war extrem peinlich, aber es war nicht zu ändern. Hinzu kam das Unglück, dass wir in unserer Eile (von der für euch nix zu merken war) Material bestellt haben, das qualitativ nicht mit unseren Ansprüchen mithalten konnte. Die Verantwortung dafür übernehme zu 100% ich allein. Mir wurde das Material von einem windigen Vertreter empfohlen und ich habe mich von den geringen Mindestbestellmengen verleiten lassen. Schließlich haben wir auf Basis einer per E-Mail (!) erhaltenen Farbkarte bestellt ohne jemals einen Meter des Stoffes zur Probe in Händen gehalten bzw. verarbeitet zu haben. Ein Kardinalfehler in dieser Branche. Unterm Strich: Lehrgeld. Bei allen, die mehr von Mavienna Produkten erwartet haben, möchte ich mich an dieser Stelle für alle Unannehmlichkeiten entschuldigen! Das Gute ist, wir haben daraus gelernt. Der Jersey für unsere neue Kollektion ist von uns getestet und wir sind überzeugt, damit in jener Liga anzukommen, in der Mavienna spielen will und auch spielen muss!
But wait, da fehlt noch ein wesentlicher Teil der Geschichte. Als schließlich alles fertig war, konnten wir endlich den Geschäftsbetrieb aufnehmen. Dieser lief im Februar zwar zögerlich an, kam aber im Frühling gut in Fahrt. Vor allem bei den Märkten haben wir sehr gut verkauft, allerdings waren zu diesem Zeitpunkt bereits Produktionskosten aufgelaufen, die allein über die Verkaufspreise nicht mehr zu decken waren. Denn die Personalkosten liefen und liefen, während sich einmal mehr zeigte, dass das Tempo zu niedrig war. In allen Bereichen: Entwicklung, Produktion, Vertrieb und vor allem auch … Finanzierung. Es gelang uns nicht, Kapital aufzustellen. Dies wäre aber freilich Voraussetzung gewesen, um einen regionalen Produktionsbetrieb in der Textilbranche nachhaltig aufbauen zu können. Und es ist auch ganz normal, dass hier mit Fremdkapital gearbeitet wird. Uns ist es leider nicht geglückt, Investorinnen zu finden. Die Gründe dafür sind leicht aus dem bisher Geschriebenen herauszulesen. Zumindest ein geförderter Kredit der Stadt Wien wurde uns zugesprochen. Dieser half uns über den Frühling, war bei zwei Angestellten aber auch nur ein Tropfen auf dem heißen Stein.
Nach gründlicher Überlegung haben wir uns daher im Mai dieses Jahres entschlossen, die eigene Produktion zu schließen und aus Sabrina Vogels Shop auszuziehen, um die Fixkosten mit 1. Juli auf Null zu setzen. Wir haben die Reißleine gezogen, um das Projekt Mavienna nicht zu gefährden. Die Kosten hätten uns über den Sommer erdrückt. Ich bin überzeugt, dass diese Entscheidung zu 200% richtig war, denn sie hat schlussendlich Maviennas Fortbestand gesichert!
Aber was ist mit dem Geld passiert? Eine detaillierte Aufstellung erspare ich euch und mir. Ein kurzer Abriss sagt genug: Aus dem Crowdfunding kamen damals rund 10.000 Euro. Um knapp 4000 Euro haben wir Geräte gekauft, zirka 3000 Euro haben wir in Stoffe, Kurzwaren, etc. investiert, weitere 4000 Euro gingen für die Werkstattmiete auf und nicht zuletzt rund 3000 Euro für die Programmierung des Webshops. Tja, da muss mensch jetzt nicht unbedingt Mathematik studiert haben, um das Problem zu erkennen. Der einen oder dem anderen wird sicher auch aufgefallen sein, dass in dieser Aufstellung noch keine Personalkosten enthalten sind. Hier schlägt z.B. alleine der Nettolohn unserer 20-Stunden-Kraft, fix angestellt, mit gut 1000 Euro monatlich zu Buche. Macht im ersten Halbjahr 2016 über 7000 Euro, inklusive Urlaubsgeld, exklusive SV-Beiträge etc. Zusätzlich gab es eine freie Dienstnehmerin und auch noch eine Schneiderin, die uns auf Honorarbasis zugearbeitet hat. Ich will echt nicht jammern, aber ich denke, diese Informationen sind wichtig, um unser Handeln – und hoffentlich auch unsere Leistung – zu verstehen. Dass wir schlussendlich auch die Nähmaschinen wieder verkauft haben, um Fehlbeträge decken zu können, erschließt sich vor diesem Hintergrund sicher auch leichter. Genau darum geht es mir nämlich. Wir haben die Geräte sehr gut verkauft und den Verlust gegenüber des Kaufpreises minimal halten können. Und wir brauchen die Geräte auch nicht mehr, weil künftig die Volkshilfe für uns produzieren wird. In besserer Qualität als zuvor, schneller als zuvor und günstiger als zuvor. Davon profitieren nicht nur wir, sondern auch unsere Kundinnen und Kunden. Und wir haben keine Fixkosten mehr, wodurch wir das finanzielle Risiko gering halten.
Bitte, liebe Freundinnen und Freunde, es ist sicherlich nicht so, dass wir auch nur einen Cent veruntreut oder sonstwie “widmungsfremd” verwendet hätten. Im Gegenteil, es ist heute sehr viel mehr von Mavienna übrig, als auf den ersten Blick sichtbar ist. Zuvorderst: Mavienna lebt und hat eine Perspektive. Außerdem gibt es die bestehenden Schnitte, deren Erstellung viel Geld gekostet hat, und auf deren Basis wir künftig wieder produzieren werden. Es gibt einen funktionierenden Webshop, ein weit verzweigtes Netzwerk, eine Menge Erfahrungen und vor allem: Eine Möglichkeit, wie die Idee Mavienna weitergehen kann. Was es allerdings nicht gibt, ist das Geld, um die Produktion zu starten. Oder sagen wir es so: Wir können das Risiko nicht mehr nehmen, ohne vorab zu wissen, dass die Kosten gedeckt sind. Einiges an Vorlaufkosten für die Entwicklung der Erwachsenenleiberl haben wir eh schon wieder investiert. Ich habe allerdings mir selbst und auch meiner Freundin Kathi versprochen, die finanzielle Existenz unserer Familie und unsere Zukunft nicht aufs Spiel zu setzen. Beim Spagat, dieses Versprechen zu halten und dennoch Mavienna am Leben zu erhalten, hoffe ich auf die Hilfe all jener, die so wie ich an die Möglichkeit einer gerechteren (Textil-) Welt glauben.
Wie wird es weitergehen? Wir werden bis auf weiteres als Verein (zur Förderung der österreichischen Textilkultur) weitermachen. Mit dem Ziel, kostendeckend zu arbeiten und doch ganz langsam, Schritt für Schritt zu wachsen und unsere Kollektion weiterzuentwickeln. Auch dazu brauchen wir Hilfe! Wer also mithelfen möchte, neue Schnitte zu entwickeln, sich vielleicht vorstellen kann, ab und an für Mavienna die Marktschreierin zu spielen, oder sich sonstwie ehrenamtlich einbringen kann und will, ist aufgerufen, sich bei mir zu melden. Damit Mavienna fair und regional produzierte Mode Schritt für Schritt für alle zugänglich machen kann, braucht es nicht nur Geld, es braucht auch Menschen, die unsere Ziele und Ideale mit uns entwickeln und erreichen wollen.
In diesem Sinne erlaubt bitte, dass ich euch abschließend noch einmal um eure Unterstützung bitte. Kauft schon jetzt euer Mavienna T-Shirt auf https://wemakeit.com/projects/mavienna2016.
Ich danke euch allen, die mich, Mavienna und das Team bislang unterstützt haben.
DANKE! Euer Andi

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