Flüssige Wut

Ich hab heut frei. Herrlich. Am Vormittag in die Stadt zu einem Termin gefahren, am Heimweg etwas Windowshopping betrieben – und festgestellt, wie stolz ich auf mich bin: Jede Menge Verführungen, aber ich bin mit meiner Garderobe gerade so zufrieden, dass kein Kaufimpuls eingesetzt hat. Danach heimgeradelt, zuhause gemütlich alle Fenster aufgerissen, und begonnen, ein bißchen im Netz zu surfen, Nachrichtenjunkie, der ich bin.

Und dann: War der Tag versaut. Nicht nur, dass bei offenen Fenstern die Müllabfuhr in meiner Hochparterrewohnung die Bilder zum Wackeln bringt, nein, das wär mir ja noch wurscht. Aber die lieben Kollegen von Greenpeace haben heute wieder einmal einen neuen Report veröffentlicht – und ich könnt schon wieder nur noch speiben.

Diesmal geht es um Wasserverschmutzung in Indonesien. In einem Fluss, in dem früher Leute badeten, ist das Wasser jetzt ätzend. So richtig aua auf der Haut. Sowas passiert nicht einfach so. Das „Praktische“: In Indonesien hast kaum Umweltgesetze. Und die Herren Textilhersteller nutzen das schamlos aus. In dem Wasser fand man auch alte Bekannte: Krebserregende und hormonell wirkende Stoffe wie Nonylphenol und Tributylphosphat (Ja, ich hab auch keinen Tau, was da genau ist, aber es ist hochgiftig und böse, soviel weiß ich).

Ein Auszug aus der Presseaussendung: „An diesem Standort werden Stoffe für den US-Konzern GAP mit den Marken Old Navy und Banana Republic gefärbt, bedruckt und gewaschen. Aber auch Brooks Brothers – eine Marke, die 39 von 44 US-Präsidenten eingekleidet hat (darunter auch Präsident Obama) – räumte gegenüber Greenpeace geschäftliche Verbindungen zu Teilen der PT Gistex Gruppe ein. Geschäftsbeziehungen mit PT Gistex unterhalten auch Adidas und H&M.“

Der Citarum, also der Fluss, in dem Greenpeace die Proben genommen hat, ist der größte Fluss Indonesiens. 25 Millionen Menschen beziehen daraus Trinkwasser und nutzen das Flusswasser zum Waschen und Bewässern der Reisfelder und Farmen. Schöner Gedanke, oder? Wah, mich macht das so wütend. Was können bitte die Leute dort dafür?

Und das Traurige: Es ist einfach so austauschbar – nimm irgendeine Form der Umweltverschmutzung, wie etwa Bodenauslaugung, Austrocknung, Verlust der Biodiversität, Regenwaldrodung, Gifteinsatz oder eben Wasserverschmutzung. Und dann nimm irgendein Land, in dem Fast Fashion produziert wird: Indonesien, Kambodscha, Thailand, Bangladesch, Pakistan, Indien, China,… Und dann setze irgendeinen dieser Verschmutzungsbegriffe mit irgendeinem dieser Länder zusammen – und ich wette, es wird sich ein Beispiel dafür finden. Es ist das Gesamtsystem Fast Fashion, das uns den Planeten, die Gesundheit und (ich gebs ja zu, jetzt bin ich im Modus NGO-Sprech) die Zukunft zusammenhaut. Und alles, damit man dieses Jahr in gespieben rosa und nächstes Jahr in schimmlig mintgrün gekleidet umherrennen kann.

Getaggt mit , , , , ,

2 Gedanken zu „Flüssige Wut

  1. Da hamma’s wieder: Wenn du nicht blind, taub oder komplett ignorant bist, kannst du eigentlich keinen unbeschwerten Tag mehr haben, weil ständig irgendwo irgendein Sch… passiert. Die Verwandlung der Welt in Geld (für wenige) und jede Menge (Gift)müll für den Rest schreitet halt mit großer Zuverlässigkeit voran.

    Aber jeder braucht mal eine Auszeit – auch um Energie zu tanken, damit man diesen Saubären ein bisschen ans Bein pinkeln kann, was du mit deinem Blog ja erfolgreich tust. Da hilft nur zeitweise komplette Medienabstinenz, womit man zwar dann auch irgendwie blind und taub ist, aber ich mache das an freien Tagen trotzdem konsequent so 😉

    Mir reicht das, was ich an den restlichen Tagen mitbekomme.

  2. mukolama sagt:

    Und das, damit viele Leute Sachen anziehen, die einfach nur schirch sind (und die ein Großteil, wären sie nicht grad „voll in“, wohl eher niemals anziehen würde). „Aber eh wurscht, schmeißmas halt dann weg.“
    Echt traurig.

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