Ich bin bei Madeleine gerade über ihren letzten Beitrag gestolpert – und bin sehr traurig. Sie ist eine der wenigen Bloggerinnen in Österreich, die wirklich davon leben kann (wenn nicht sogar die Einzige?). Sie macht quasi ein Online-Medium, ist eine klassische Modebloggerin, wie sie uns inzwischen auch von jeder Streetstyle-Seite in einschlägigen Modemagazinen entgegenschauen.
Und sie hat vor etwas über einem Jahr beschlossen, nur noch nachhaltige Mode zu kaufen und vorzustellen. Kurz danach gewann sie den Zalando-Award (für den ich mich aus Jux und Tollerei auch beworben hatte), und erntete Kritik dafür. Wie kann man nur bei Zalando und gleichzeitig nachhaltig und so. Das schien sich immer wieder zu wiederholen, plötzlich bekam sie wirklich viel Kritik. Gut, das Shooting für Nespresso oder ihr Amazon-Affiliate sah ich auch etwas kritisch – aber das sagte ich ihr direkt und (soweit ich dazu fähig bin) diplomatisch, aber ich nahm nicht öffentlich dazu Stellung.
Ich kritisierte sie bewusst und ganz absichtlich nicht – sondern verteidigte sie sogar. Warum? Weil ich mir bewusst bin, dass Maddie in einem Monat fünf Mal so viele Klicks wie ich hat. Und ein Publikum, das ich mit meinem nicht immer lustigen Geschreibsel und meinen verwackelten Handyfotos einfach nicht erreiche – bei mir steht das Thema im Vordergrund, bei Maddie der Style. Immer wieder fragte sie mich wegen dem einen oder anderen Label, wieviel ich darüber weiß und ob die eh nachhaltig und so. Fragte mich um einen Gastbeitrag bei ihr, den ich aufgrund meines eigenen Chaos(ses?) im Leben aufschob – was ich jetzt bereue. Reagierte auf die norwegische Blogger-Realityserie sogar mit schärferen Worten als ich. Sie versuchte es wirklich, machte aber Kompromisse. Und ich freute mich, weil ich wusste: Jede Einzelne, die jetzt vielleicht doch den Hessnatur-Pulli cool findet und sich den kauft anstelle von drei oder vier vom Textilschweden, ist ein Fortschritt und ein Erfolg.
Natürlich hat sie weniger strenge Maßstäbe als ich. Ich finde das auch komplett ok – es gibt nicht eine einzige Bloggerin weltweit, die ein so konventionelles Publikum hat wie sie und gleichzeitig 100% nur faire und ökologische Mode zeigt. Noch dazu, wie gesagt: Sie lebt vom Bloggen. Ich habe über diesen Blog bisher noch nie auch nur einen Cent verdient. Ja, zwei Mal gabs ein bisschen Aufwandsentschädigung für TV-Auftritte in Deutschland (das ist dort Usus), und das Buch, das mir ein nettes Taschengeld, aber bei weitem keine Lebensgrundlage beschert, ist auch auf Basis dieses Blogs entstanden. Hin und wieder darf ich auch Produkte, die ich teste, behalten. Aber das sind alles eher „Umwege“, direktes Schalten von Werbung und bar bezahlte gesponserte Beiträge finden hier nicht statt – damit ich auch weiterhin die Fresse aufreißen kann. Madeleine zahlt über ihren Blog Versicherung, Miete, Essen. Ich nicht.
Was ich echt spannend und sehr traurig find: Was sich ihre LeserInnen eigentlich alles trauen. Da flogen echt persönliche Beleidigungen bis hin zu „falsche Sau“, wenn sie mal was nicht Nachhaltiges zeigte, während ich hier bei mir am Blog die kritischen Kommentare der letzten drei Jahre wahrscheinlich an zwei Händen abzählen kann. Während ich streckenweise fast schon täglich Nachrichten von Mädels bekomme, die mir berichten, wie sehr ich sie inspirert hätte und dass sie jetzt auch auf Shoppingentzug gehen (und jede einzelne freut mich!!), mosern ihre Mädels echt nicht schön an ihr herum. Und das sind garantiert keine, die konsequent bio und fair Mode kaufen, im Gegenteil!! Wobei, das lässt sich vielleicht in zwei Gruppen einteilen: Diejenigen, denen Dariadaria als nachhaltiger Modeblog nicht weit genug ging und die sie für ihre „Fehltritte“ öffentlich bestraften, und diejenigen, die plötzlich ein schlechtes Gewissen hatten, weil ihr Vorbild nun Nachhaltigkeit versuchte vorzuleben. Natürlich ist es leicht, bei einer anderen die Schwächen aufzuzeigen, um die eigenen Schwächen zu verdecken oder kleinreden zu können. So funktionieren Haters.
Anscheinend haben wir eine sehr unterschiedliche Leserschaft, und liebe Mädels, die ihr bei Madeleine lest und sie kritisierts: Lassts stecken. Im Unterschied zu sehr vielen anderen Modebloggerinnen hat sie es wenigstens versucht. Hat sie wenigstens die Eier besessen, erste Schritte Richtung Nachhaltigkeit zu setzen. Und genau darum geht es doch: Jede/r muss bei sich selbst anfangen, im eigenen Tempo, mit den eigenen Schritten, und der eigenen Intialzündung. Und niemand muss am Weg in Richtung nachhaltiges Leben sofort alles richtig machen – das ist in unserer Welt nämlich fast nicht möglich.
Ich finds sehr schade, dass ihr, liebe Leserinnen von Dariadaria, es nun geschafft habt, dass Madeleine zumindest partiell den Hut drauf haut. Eine Bloggerin mit ihrer Reichweite und ihrer Wirkung auf die Leserinnen – dass sie emotionalisiert, hat sich ja leider sehr gut gezeigt – wäre unglaublich wichtig gewesen für die nachhaltige Modeszene.
Ich habe mir auch schon überlegt, mal ein solches Projekt zu starten, aber irgendwie fehlt mir der Mut…Mit dem Rauchen aufzuhören, war einfacher!
Das ist leider ein Charakterzug der im deutschsprachigen Raum enorm verbeitet ist: Wir machen keine halben Sachen und wir akzeptieren das auch nicht an anderen. „Entweder machst du etwas ganz oder gar nicht!“ heißt es da und dabei sind sich die Kritiker über das Ausmaß von „ganz“ gar nicht bewusst. Sie wissen nicht, dass das Leben nicht am Schaltertisch stattfindet und einfach mal ein Knopf gedrückt werden kann um alles zu ändern. Sie kritisieren ja auch Blogger, die auf den Veganzug aufgesprungen sind und dennoch Echtpelzkragen oder Lederschuhe tragen – dass es diese Kleidungsstücke bereits seit Jahren in den Kleiderschränken gibt und Entsorgen schlimmer wäre, als Weiternutzung, sehen sie nicht. Sie würden eher alles wegwerfen, anstatt es abzunutzen.
Zudem denke ich, hat das Medium Internet auch dazu geführt, Benehmen auszublenden. Wer sich im anonymen WWW bewegt, kann seine Kinderstube ruhig vergessen und einfach mal sagen, was er denkt – ohne sich darüber klar sein zu müssen, wie das bei dem anderen ankommt. Diese Entwicklung wird leider auch nicht aufzuhalten sein und so muss vermutlich jeder, der sich mit einem gewissen kritikfähigen Thema beschäftigt damit rechnen müssen auch kritisiert zu werden; von dezent benimmlose Menschen.
Man kann sich nur wünschen, dass jeder, der den ersten Schritt in die richtige Richtung macht, sich davon nicht abhalten lässt und weitergeht – und das Haterpack dabei getrost am Wegesrand liegen lässt. Mit gutem Beispiel voran, auch wenn der Gegenwind nicht schwach ist.
Echt blöd das alles 😦 manche Menschen sind leider nicht bereit für die Nachhaltigkeit
Schön auseinandergenommen.
Denke einige ihre Leser werden genau da an dem wunden Punkt getroffen. Bewunderung für Darias Style und den Blog zum einen und dann die eigene Konsequenz die auch Anstrengung gleich Nachdenken bedeutet. Und dann taucht dieser eine Moment auf in dem man selbst bei jemand anders einen wunden Punkt sieht und haut direkt rein. Um sich selbst mit Verteidigung dagegen zu wehren – vor seinem eigenen schlechtem Gewissen vorm Rechner sitzend. Weil man gerade vielleicht eine Online Bestellung bei Zara abgeschickt hat oder so …
Leider muss man sich in dieser Öffentlichkeit ein dickes Fell zulegen. Das geht auch Modebloggern so, die nicht nachhaltige Mode zeigen. … weil auf den Socken eine Piddelfluse gesehen wurde … oder so n Killefick. Im Vergleich zu den Zugriffen und allen Lesern die zustimmen, sind es jedoch gar nicht sooooo viele die negativ sind. Weswegen ich glaube das dicke Fell (vegan selbstverständlich 😉 ) ist ein Must-have. Denn irgendwo wird sich immer wieder einer finden der was zu meckern hat – weil selbst wohl unzufrieden … happy Wochenende.
Schön auseinandergenommen.
Denke einige ihre Leser werden genau da an dem wunden Punkt getroffen. Bewunderung für Darias Style und den Blog zum einen und dann die eigene Konsequenz die auch Anstrengung gleich Nachdenken bedeutet. Und dann taucht dieser eine Moment auf in dem man selbst bei jemand anders einen wunden Punkt sieht und haut direkt rein. Um sich selbst mit Verteidigung dagegen zu wehren – vor seinem eigenen schlechtem Gewissen vorm Rechner sitzend. Weil man gerade vielleicht eine Online Bestellung bei Zara abgeschickt hat oder so …
Leider muss man sich in dieser Öffentlichkeit ein dickes Fell zulegen. Das geht auch Modebloggern so, die nicht nachhaltige Mode zeigen. … weil auf den Socken eine Piddelfluse gesehen wurde … oder so n Killefick. Im Vergleich zu den Zugriffen und allen Lesern die zustimmen, sind es jedoch gar nicht sooooo viele die negativ sind. Weswegen ich glaube das dicke Fell (vegan selbstverständlich 😉 ) ist ein Must-have. Denn irgendwo wird sich immer wieder einer finden der was zu meckern hat – weil selbst wohl unzufrieden … happy Wochenende.
[…] wie unglaublich stylish und cool Second Hand ist. Meine Argumentation geht da parallel zu der, warum ich Maddie so verteidigt habe: Hindi erreicht im Gegensatz zu mir, deren Publikum für Konsumkritik usw. inzwischen über weite […]
[…] Mir wurde vorgeworfen, ich solle frei nach Kreisky Geschichte lernen, mir wurde ein mangelndes Selbstbewusstsein unterstellt, und ich wurde als “frustrierte Pseudo-Emanze” hingestellt. Auch wenn mir klar war, dass es bei einem solchen Artikel Kritik geben wird, dass sie so tief ist, hätte ich mir nicht gedacht. Maddie, ich versteh dich jetzt gleich nochmal viel besser. […]
Ich lese gerne Maddies Posts und habe großen Respekt vor ihrer Arbeit. Sie trägt das Herz am richtigen Fleck. Ich denke das Problem ist, dass sie von ihrem Hobby leben kann. Ein Traum für jeden Blogger. Das erzeugt Neid und Missgunst. Keiner würde sagen:“ Ich hasse es das du damit Geld verdienst“-daher muss Sie für das was sie tut angeprangert werden. Glücklicherweise ist das nicht das Denken der breiten Masse.
Liebe Grüße, Chrissy