Sie ist fett und wunderschön

Auf Facebook habe ich kürzlich einen Artikel über das XXL-Model Tess Holliday und andere Models abseits der Norm gepostet. Ich hab mir dazu auch immer wieder meine Gedanken gemacht. Also. Ich selbst bin bissl rundlich, kein Hungerhaken, aber ich fühl mich jetzt auch meistens nicht massiv dick. Mode wie etwa dieses One-Size-Zero-for-all von Brandy Melville kann mich unendlich aufregen. Weil es Frauen wie mir einredet, ich sei fettfettfett und unansehnlich und wäh. Weil es jungen Mädchen erklärt: Nur wenn du gertenschlank bist wie ein Sushistäbchen, bist du jemand. Bist du anziehend, hübsch, wasweiß ich.

Tess Holliday trägt Größe 50. Sie ist fast 20 Zentimeter kleiner als ich, wiegt aber fast 40 Kilo mehr. Ich darf also sagen: Sie ist dick. Und sie hat einen Wahnsinnserfolg als Model. Weil die Frau, und das muss man echt dazu sagen, eines der schönsten Gesichter hat, das ich je gesehen hab – und das schadet sicher nicht in diesem Business.

Ich finde es super, wie sie ihre eigene Bewusstseinskampagne namens #effyourbeautystandards gestartet hat, um Leuten zu erklären: Hey, es ist scheißegal, wie du aussiehst, ob dick, dünn, groß, klein, blond, dunkel, wie auch immer, und auch immer, wenn du weit jenseits der Norm liegst: Du bist schön, wenn du dich selbst schön findest. Das finde ich fantastisch von ihr. Ich folge ihr auf Instagram, finde ihre Fotos oft wirklich sehr hübsch und beneide sie um diesen witzigen und gutaussehenden Typen, den sie sich da am anderen Ende der Welt (er in Australien, sie in Los Angeles) an Land gezogen hat.

Hier ein paar Screenshots von Instagram von ihr:

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Ja, sie ist dick und sie ist fesch. Sie muss nicht jedermanns Geschmack sein, Hauptsache, sie fühlt sich wohl.

Was ich jedoch ein bissl bedenklich finde: Nicht ihr hübsches Gesicht, sondern ihre vielen Kurven und Dellen sind ihr Markenzeichen. Sie ist bekannt, WEIL sie dick ist – und sie ist so dick, dass mein Hausarzt sie wohl auf Diät setzen würde. Hoher Blutdruck, starke Knochen- und Bänderbelastung, all das und noch viel mehr passiert bei zu vielen Kilos und ist der Grund, warum ich mich in letzter Zeit wieder etwas mehr zusammenreiße und meinen Hometrainer nicht nur als Handtuchablage missbrauche.

Es ist höchst an der Zeit, dass wir vom derzeitigen (und immer schlimmer werdenden) Schönheitsideal wegkommen, das junge Mädchen in die Magersucht treibt und Unmengen an Frauen unglücklich mit einem Körper lässt, der im Grunde komplett in Ordnung und schön ist. Ich hab Jahre, wenn nicht sogar Jahrzehnte gebraucht, um zu akzeptieren, dass ich nie aussehen werde wie Kate Moss (bis ich kapiert hab, dass Kate Moss niemals meine Brüste haben wird, ätsch). Irgendwann hatte ich verstanden: Es gibt ein Gewicht, bei dem mein Körper sich einpendelt, unter das ich ohne Kasteien und Selbstquälerei nicht drunter komm (drüber leider sehr leicht, aber das sind dann auch genau die Kilos, die recht leicht wieder schmelzen). Und das ist halt keins für Größe 34.

Frauen wie Tess Holliday sind da wirkliche Vorkämpferinnen, die allerdings aufpassen müssen, dass sie von Industrie und Werbung nicht ins Kuriositäteneck gedrängt werden. Es muss sich wirklich was tun. Aber am besten wäre es, wenn sich etwas in Richtung GESUNDE und natürliche Körpermaße tut. Weder Hollidays Übergewicht noch das klassische modelsche Untergewicht sind gesund. Hoffen wir, dass sich da in den nächsten Jahren was bewegt.

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5 Gedanken zu „Sie ist fett und wunderschön

  1. Rabin sagt:

    Stimmt sie sieht ver…. fesch aus. Aber zugegeben mein erster Gedanke war dann doch auch (wie bei dir) der gesundheitliche Aspekt. Allein die Belastung für die Wirbelsäule ist da enorm. Und ich könnte mich da jetzt endlos austoben.

    Unabhängig davon – Hut ab vor ihrem Selbstbewußtsein (und der Typ sieht lecker aus. 😉

  2. Madeline sagt:

    Hach, ein schöner Artikel.
    Meistens ärger ich mich über Beiträge, die „Fat Shaming“ anprangern. Da wird Dicksein nicht selten idealisiert obwohl das in solchen Ausmaßen halt wirklich nicht mehr gut ist. Und meistens kommt dann noch ein fieser Seitenhieb auf die eigentlich eh voll hässlichen, dürren Magermodels; was eigentlich um nix besser ist, als Menschen als hässlich zu bezeichnen, nur weil sie dick sind. (Ich war so ein unverschuldet dürrer Teenie und dachte jahrelang ich würd nie einen Kerl abkriegen, weil Männer ja nicht auf Knochen sondern auf Kurven stehen).

  3. Sarah sagt:

    Hey, ein toller Blogeintrag zu dem Thema. Ich finde es gut, dass das Thema Plus Size endlich auch ein breiteres Gehör findet durch Models wie Tess. Da ich ja selbst zu dieser Generation gehöre die von Germanys Next Topmodel seit 10 Jahren, faktisch die Pupertät hindurch, gequält worden bin – kann man nur sagen „Danke, das es endlich ein langsames Umdenken gibt!“. Sicherlich kann man über den Gesundheitsaspekt diskutieren, aber auch anerkennen: die Frau sieht toll aus, egal ob Übergewicht oder nicht.
    Ungeachtet dessen ist es wichtig jeder Frau zu vermitteln: Du bist schön und genau so richtig wie du aussiehst.

  4. Sarah sagt:

    Hat dies auf Kaffeepause rebloggt.

  5. Verena sagt:

    Schön wäre es doch, wenn eine Körper-Vielfalt akzeptiert werden würde. Es gibt Frauen mit viel Gewicht, die fit sind (siehe zum Beispiel „big gal yoga“ bei facebook) und ebenso dünne Frauen, die unsportlich sind und nicht gesund leben. Es gibt auch jede Menge dazwischen. Und auch noch ganz andere Körper, die so gut wie nie Beachtung finden – das greift ganz gut die Internet-Publikation „Vol Up 2“ auf (Tess kam auch mal drin vor).

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