Gestern beim Spar stolperte ich an der Kasse über eine Überschrift auf dem Titelbild der „Ganzen Woche“ (so ganz nebenbei die reichweitenstärkste Wochenzeitung in Österreich): „Günstige Mode, teures Aussehen: Tipps, wie Kleidung exklusiver wirkt“. Ich kaufte mir die Zeitschrift und war zuerst schockiert, aber nur kurz.
In dem Beitrag geht es darum, worauf man beim Kauf von günstiger Kleidung achten soll, damit sie teuer aussieht. Da gehört der Verzicht auf Polyester dazu, das Überprüfen der Nähte usw. Ja, in meinen Augen liest sich das absurd, wenn man überlegt, wie es bei der Produktion dieser billigen Kleidung zugeht. Aber meine Augen sind nicht die aller. Die sind meine ganz eigenen. Und viele andere haben für die Abgründe der konventionellen, globalisierten Textilproduktion genau überhaupt kein Auge. Null. Und das muss ich mir immer wieder klar machen. Daher war ich auch nur kurz schockiert. Im Gegenteil, ich empfinde es sogar hin und wieder als recht gesund, mir klar zu machen, dass die Zielgruppe für ökofaire Mode leider immer noch klein ist. Dass die große Masse da draußen entspannt ihr Geld bei Textilschwede und Co. lässt, und selbst bei T-Shirt-Preisen von fünf Euro noch Qualitätsansprüche stellt.
Ich mache mir das immer wieder klar: Nein, liebe Nunu, so gerne du das auch hättest, die meisten Menschen haben auch nach dem weltweit berichteten Zusammenbruch der Fabrik Rana Plaza nix an ihrem Einkaufsverhalten geändert. Das rückt mir immer wieder die Perspektive gerade. Hinfallen, aufstehen, Krone richten, weitergehen, ist die Devise. Ich werd nicht müde, euch faire Mode einzureden, iiiiich niiiicht. Solche Artikel machen mir aber immer wieder klar: Es liegt noch viel Arbeit vor uns 😉
Oh ja, das kenne ich… manchmal lebt man ja in so einer richtigen Blase…
Meine Kleidung war ja auch super billig, als ich sie gekauft habe. Weil ich sie gebraucht gekauft habe 😉 Weiterer Vorteil: Man sieht sofort die Qualität, weil die „wirklich billige“ Kleidung nach dem zweiten Waschen einfach sch**** aussieht!
Ja, wir leben in einer Art nachhaltigen Parallelwelt. Erst letzte Woche war ich erschrocken, dass meine Kommilitonen noch nie von der Umweltbank, GLS-Bank & Co gehört hatten und auch überhaupt keine Notwendigkeit sahen, warum man über seine Geldanlagen unabhängig der größten Rendite nachdenken könnte. So ähnlich geht es mir, wenn ich über Kleiderkonsum spreche auch. Viele meiner Muddi-Freundinnen haben noch Verständnis für Bio, wegen der Schadstoffe und so… Aber darüber hinaus gehende Dimensionen sind da oft nicht vorhanden im Weltbild. Ist noch ein langer Weg und auch wir sind nicht perfekt. Denkanstöße sollen ja helfen 🙂
*sfz* ich kann dirs nachfühlen… das sind genau die Beiträge, die bei mir den Drang hervorrufen, lauthals *gnaaaagnaaaagnaaagnaaagnaaaa* schreiend durch die Gegend zu rennen. Aber das hat ja leider dann auch nicht den gewünschten Effekt… 🙂
Ich glaube ich mich mache mich mit einem großen ABER jetzt sehr unbeliebt, aber: wie du schon richtig schreibst, den Großteil der Menschen interessiert fair fashion nicht, genauso wenig wie bio, ohne plastik etc. Aber die Merkmale, die in dem Artikel aufgezählt werden (festsitzende Knöpfe, gerade Nähte etc.) sind zwar einerseits ein Graus, weil es zeigt, an wie billige Mode die ganzen selbst ernannten Fashionistas sich schon gewöhnt haben. Andererseits stellen die aufgezählten Merkmale sicher, dass ein Kleidungsstück länger hält, sich nicht verzieht oder schnell auflöst.
Und so sehr ich mir wünsche, dass die ganzen Mädels da draußen fair tragen würden, ich bin Realist genug, um zu wissen, dass es ein langer Prozess ist. Aber wenn ein solcher Artikel bewirkt, dass ein mies produziertes Kleidungsstück länger getragen wird und somit verhindert, dass x Teile nachgekauft werden, dann ist das immerhin ein kleiner Sieg gegen Verschwendung. Ein ganz kleiner.