Das Engelchen und die Sandalen

Na gut, dann lösen wir mal auf. Ich hab gestern den halben Tag geplärrt, geheult, gereart. Angefangen hat es damit, dass ich meiner liebsten Kirsche helfen wollte, aufgehört hat es damit, dass das Ergebnis dieser Hilfsaktion in mir sämtliche Schleusen geöffnet hat. Vorgeschichte von gestern soweit bekannt? Ich hab überlegt, ob ich der Kirsche Schuhe abkaufen soll, eine Stunde nach Veröffentlichung des Beitrags ruft selbige Kirsche mich an und sagt: Schuhe sind bezahlt, kannst sie abholen. Ich war instant überfordert. Tränen und Fragezeichen in den Augen. Wer tut sowas?! Wen hab ich nicht aller verdächtigt, die Sandalen bezahlt zu haben. Und niemand meiner Verdächtigten war es, sondern eine Frau, mir der ich genau gar nicht gerechnet habe. Und da muss ich jetzt ein bissl ausholen – und jene Leserin, die mir vor kurzem mal geschrieben hat, es sei schade, dass ich den persönlichen Aspekt hier am Blog wieder runtergedreht hab: Bitteschön. Jetzt wirds sehr persönlich.

Ich habs nie dezitiert aufgeschrieben hier, und ich weiß eigentlich bis jetzt nicht, wieso – aber jetzt mal Klartext: Der Liebste ist seit einigen Monaten kein Liebster mehr – also zumindest nicht meiner. Es war in den letzten gemeinsamen Monaten eine schwierige Beziehung, und es war eine sehr schwierige Trennung. Die ersten Wochen und Monate danach waren eine so noch nie erlebte Hölle. So. Draußen ist es. Daher auch immer wieder kryptische Meldungen hier, weil wirklich zugeben wollt ich das dann auch wieder nicht. Schließlich gehts hier um meine Fetzen und nicht um mein Herz.

Kurz nach der Trennung, also wirklich wenige Tage nachher, meinte ich noch: Ui, das mit den gemeinsamen Freunden wird schwierig. Wenn man fast sechs Jahre zusammen war, wachsen da halt auch Kreise zusammen. Vor allem eine Freundin bzw. den ganzen diesbezüglichen Freundeskreis von ihm hatte ich sehr ins Herz geschlossen. Ich vertraute mich ihr an, ich mochte ihre Art, und sie kam auch hier am Blog das eine oder andere Mal vor. Wenige Tage nach der Trennung kam heraus, dass sie meinem nunmehrigen Ex gegenüber etwas getan hatte, das für mich einen unverzeihlichen Vertrauensbruch darstellte. Was genau, geht hier niemanden was an, und ich werds auch nie sagen, aber: Es war so richtig Oarsch von ihr.

Ich habe ein Schema. Wenn ich Menschen mag, dann sind die sofort in meinem Herzen, da bin ich dann herzlich, offen, und gebe gerne, genieße es aber auch, zu empfangen, freundschaftliche Vibes, sich auf andere verlassen können, sauehrlich zueinander sein, das ganze Programm. Ich möchte Menschen, die ich sehr liebe, eine liebevolle Freundin sein.

Aber: Tun mir Menschen weh, enttäuschen sie mich, verletzen sie mich, schmeiß ich sie hochkant aus meinem Leben, dreh mich um, geh, baue Mauer und leckmichamArschoderbesserfi**dichselbst. So geschah es bei ihr. Hass und so. Diese Frau war und ist für mich erledigt. Und mit ihr schmiss ich gleich mal fast alle, die sie kannten und mochten, raus aus meinem Herzen, Leben, sozialen Medienkreisen und überhaupt. Löschen, tschüss. Dieses Schema ist nicht immer schlau, das habe ich inzwischen gelernt, aber in solchen Momenten kann ich nicht anders, ich bin sowas von einer emotionalen Heulsuse, dass ich weiteren Kontakt gar nicht verkraften würde.

Denise hatte ich eigentlich über eine ganz andere Ecke kennengelernt, aber wir stellten schnell fest: Die beiden sind befreundet. Recht eng sogar. Fand ich lustig, diese typische Wiener Querverbindung, um ein, zwei, fünf Ecken kennt man sich IMMER. Aber als dieser Moment des Cuts kam, schmiss ich Denise gleich mal mit raus aus meinem Leben, löschte sie, fertig. Soviel Kontakt hatte ich nie mit ihr gehabt, ich mochte sie immer recht gerne, aber die enge Freundschaft zu „ihr“ war mir einfach viel zu viel, zu nah. Ich wollte durch nichts und niemanden an sie und an den ganzen Schmerz aus der Zeit damals erinnert werden. Auch nicht durch Denise. Das ist jetzt über ein halbes Jahr her. Hin und wieder drückte Denise bei den auf Facebook verlinkten Blogartikeln auf Like, und jedesmal versetzte mir der Anblick ihres Namens einen Stich, dabei war sie da wirklich ein ziviles Opfer. Sie hatte nix getan, außer, mich an jene Person zu erinnern, an die ich nie wieder erinnert werden möchte. Und sie wusste wahrscheinlich nichtmal, was vorgefallen war.

Und jetzt ratet mal, wer das Engelchen war, das die Schuhe bezahlt hat.

Allzu schwer ist das jetzt nicht mehr: Es war Denise. Sie schrieb mir ein paar Stunden später (nachdem ich sogar in Kroatien urlaubende Freunde angerufen hatte):

Liebe Nunu, Ich bin weder ein heimlicher Verehrer, noch bin ich deine Nachbarin. Wir müssen auch keine besten Freundinnen sein, um dich überraschen zu können. Du bist ein toller Mensch, Nunu! Das was ich von dir weiß und lese, das mag ich einfach! Das ist mein DANKE für dich. Für deine Arbeit und dein Herzblut! Deine Freude und dein Engagement. Für dich!

Ich konnte fast nicht mehr reden vor lauter Heulen, als ich sie anrief, um mich zu bedanken – und mich zu entschuldigen. Ich heulte danach zwei Stunden lang wirklich alles raus, was ich in den Monaten zuvor verdrängt hatte und vergessen wollte. Literweise ronn es aus mir raus. Ich heulte aus Rührung und Glück, aber es mischte sich auch Trauer dazu. Dennoch: Es kam alles auf einmal raus aus mir, es war reinigend. Ich hatte die letzten Tage schon nicht wirklich einen Höhenflug, sondern eine sehr nachdenkliche Phase. Die Aktion gestern war echt dann noch das I-Tüpfelchen. Nie im Leben hätte ich gedacht, dass ein Paar Rosa-Mosa-Sandalen das mal auslösen würden – dass ich endlich wieder differenzieren kann, mich lösen kann und vor allem: Dass ich nicht gleich einen gesamten Lebensbereich auslöschen muss, nur weil ein Teil davon weh tut. Danke, Denise, und zwar nicht nur für die Schuhe. Ich hoff, ich darf dich bald mal persönlich umarmen.

Ich sag ja immer, dass es im Fall von Tauschparties oder Second-Hand-Verkauf unter Freunden total super ist, wenn man zum Kleidungsstück gleich die Geschichte dazugeliefert bekommt. Wann die Erstbesitzerin es getragen hat, warum sie es gekauft hat und was sie drin erlebt hat. Diese Sandalen haben jetzt binnen den nichtmal 24 Stunden zwischen „Ich bin grad in der Nähe von der Kirschenwohnung, ich probier die schnell mal an“ und „Süße, ein Engelchen hat sie bezahlt, kannst sie abholen“ aber sowas von einer eigenen, weiteren Geschichte bekommen, dass sie mir fast leid tun. Die sind jetzt sicher voll überfordert, die Teile, gut, dass sie nur aus Holz und Leder sind. Aber eins weiß ich auch: Diese Sandalen werd ich jetzt mein Leben lang behalten. Die dürfen mich jetzt an genau diesen gestrigen Schleusentag erinnern.

Und das wars jetzt wieder mit Persönlichem.

Danke.

Getaggt mit , , , ,

12 Gedanken zu „Das Engelchen und die Sandalen

  1. MarieAnn sagt:

    Schöne Geschichte ☺️

  2. Kirsten Hagner sagt:

    Ich liebe den Text von Denise und genauso ist das im Leben….

  3. Dagmar sagt:

    Was für eine tolle Geschichte, danke für Deine Offenheit!

  4. gretchenstelltfragen sagt:

    Sehr, sehr schön finde ich die Geschichte.

  5. ilona Haller sagt:

    Schöne Geschichte ,Danke für deine Ehrlichkeit.

  6. terisha sagt:

    Dein Blog und du, ihr seid einfach ein Original und die Geschichte ist so wunderbar! Ich wuensch dir alles Gute!

  7. Beiträge wie diese habe ich schon irgendwie vermisst. Danke!

    lg
    Maria

    • nunette sagt:

      Ich hoff, du verstehst, dass die trotzdem nicht zur Regel werden – ich lebe einen Teil meines Lebens öffentlich, und zwar den Bereich zur Mode. Wie es mir privat geht, meiner Familie, meinen Freunden, und ob es mir selbst gut oder schlecht geht, dafür ist auf einem Blog mit einer solchen Leserzahl kein Platz. Das möchte ich wirklich streng trennen. Aber danke trotzdem, die Unterstützung der letzten Tage hat mich echt umgehauen.

  8. […] Wahnsinn, diese letzten Tage. Liebe LeserInnen, vielen Dank füs Mitfiebern, wer wohl  mein Engelchen war, und für diese Unterstützung. Der letzte Beitrag war wirklich sehr persönlich – und ich […]

  9. […] kann. Und übrigens die Ex von einem Schulkollegen von mir ist. Wien: Kuhdorf. Liebe Denise (schon wieder eine Denise, aber diesmal eine andere!), vielen vielen Dank. Ich find sowas immer so wunderbar, so solls […]

  10. […] machen, weil sie mich daran erinnern, dass es so etwas wie Karma gibt. Immer merken: Gutes tun, dann kehrt Gutes zu dir zurück! Zu mir in Form von diesen wunderschönen […]

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