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Go #insideout am Fashion Revolution Day!

Meine Fresse, juckts mich grad in den Fingern!! Nicht nur in dem Sinne, dass ich immer noch echt gern stricken würd, sondern auch, dass ich mich ein klitzekleines bisschen ärgere, dass ich grad nicht in Wien bin. Jaaaa, ich bin mir dessen bewusst, dass ich eigentlich grad den totalen Luxus lebe – ich reise, habe neue Eindrücke am laufenden Band, und werde nachhausekommen in mein feines Zuhause, zu meinem feinen Job, zu meinen tollen Freunden, zu meiner geliebten Familie. Aber wäre ich jetzt gerade in Wien, ich würd sowas von mitorganisieren beim Fashion Revolution Day in Österreich. So bleibt mir „nur“, die größte Aktion von ihnen zu teilen: #insideout

Es ist wirklich nicht schwer. Man dreht seine getragene Kleidung nach außen, zeigt das Label und die Nähte – und zeigt damit Solidarität im Kampf um faire Kleidungsproduktion. Warum gerade am 24. April? Weil das der erste Jahrestag des Zusammenbruchs des Fabriksgebäudes Rana Plaza ist, ein anscheinend nicht legal aufgestocktes Gebäude, das bei seinem Zusammenbruch über 1100 Menschen unter sich begrub und Tausende verkrüppelt, verstört und arbeitslos zurücklies. Zeigt die Nähte her. Sie wurden sehr wahrscheinlich von Menschen genäht, für die wir kämpfen wollen.

Derzeit sind wir gerade irgendwo mitten in Utah – wo man stundenlang fahren kann, ohne dass man irgendetwas menschenbewohntes und -benutztes sieht (abgesehen von den Straßen selbst natürlich). Wenig Grundlage zur Demonstration also, aber schwer beeindruckend. Stundenlang … nichtmal eine Tankstelle (was mich dann doch etwas gestresst hat, aber alles gut). Also bleiben mir nur die Fotos. So einfach, dass ihr es auch machen könnt. Ein Foto mit Label draußen mit den Hashtags #insideout und #austria (oder #germany) und @fash_rev auf Twitter und Facebook posten. Und damit weltweit ein Zeichen setzen, dass man eine neue Modewelt haben will. Weniger Fast, mehr Fair.

Zum Beispiel so:

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Ein #insideout – Selfie! Ich trage die Jeansjacke, die ich mal auf einer Tauschparty bei Christina, also beim Quautschen, ertauscht habe!

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Ein #insideout, wie es mir besonders gut gefällt – da steh ich gerade mitten in einem Nationalpark, der außer beeindruckend nur irre war. Samt verkehrtem Shirt, auch H&M, uralt (acht Jahre?). Übrigens, wenn man H&M per Twitter fragt, wie ihre Conscous-Collection-Shirts eigentlich produziert werden, verweisen sie dich auf ihre CSR-Seite. Auf der sich zwar sehr viele spannende Statenemts befinden (der Textilschwede ist definitiv weiter als andere Fast Fashion Hersteller), aber auch sehr viele leere Stehsätze. Macht euch selbst ein Bild.

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Der Liebste hat dem #insideout auch gleich mal ein #upsidedown hinzugefügt. Sehr motiviert!

Also, zeigt eure Solidarität! Nehmt teil an der Fashion Revolution! #insideout!

PS: Die Clean Clothes Kampagne hat zu Rana Plaza auch  ein Video gemacht!

PS2: Ja, ich hab auch faire Mode mit, nicht nur Textilschwede 🙂 Aber ich such meine Kleidung derzeit hauptsächlich nach „praktisch“ aus und nicht nach Style. Und nein, ich habe weder zuhause einen komplett fairen Kleiderschrank (wie sinnlos wär das denn gewesen, all meine Sachen einfach wegzugeben und gegen Faires auszutauschen, ökologisch gesehen), noch habe ich nur faire Sachen mit. Vielleicht gibts ja morgen noch ein faires Insideout! So lange fordere ich meinen werten Textilschweden eben zum weiteren Umdenken auf!

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Sewing Fashion Revolution

Heute in einem Monat ist der Zusammenbruch von Rana Plaza ein Jahr her. Die internationale Kampagne des Fashion Revolution Day schwappt auch grad durch die DIY-Bloggerszene. Schön zusammengefasst hat es Laura von Behind the Hedgerow:

Fashion Revolution – a global campaign to increase standards and awareness within the fashion industry – is hosting the first Fashion Revolution Day to mark this anniversary on 24th April 2014. In order to help re-establish the relationships and transparency within the fashion industry people are encouraged to wear an item of clothing inside out and ask brands/retailers, ‘Who Made Your Clothes?’ The voicing of these questions, on a global scale, will raise awareness and encourage the fashion industry to continue the process of change. In short – be curious, find out, do something about it.

Using Fashion Revolution’s theme of “Who Made Your Clothes?” as a starting point, Abby (Things for Boys), Celina (Petit a Petit and Family) and I want to get the online sewing community involved with this initiative by creating the first

Virtual FLASH MOB

of sewists wearing something handmade inside out. The goal is for all of us to stand together for a united cause and help to show sewing (in all its forms) as an ethical and sustainable alternative to fast fashion and mass consumerism. It’s one piece in a very large puzzle but by showcasing home sewn items we will help spread the word that in some cases the answer to ‘Who Made Your Clothes?’ can proudly be answered, “ME!”

How to get involved

  • Photograph yourself wearing something handmade inside out on 24th April 2014. If you’re camera-shy feel free to photograph something on a hanger – or even get the kids involved…the message is still the same.
  • Share! If you have a blog, blog about it! If not, no problem – share on Facebook, Instagram, or Twitter with hashtags #insideout and #handmadeinsideout.

 

Weitere Infos, wie man sich bei dem Mob anmelden kann, auf ihrem Blog.

 

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Schnell mal sechstausend Leute entlassen.

Gestern bin ich über diesen schon etwas älteren Nachrichtenbeitrag gestolpert: In Bangladesch wurden zwei aneinander angrenzende Fabriksgebäude wegen gravierender Baumängel geschlossen. Gut, soweit mal eine positive Sache – die NäherInnen sind nicht mehr in Gefahr.

Doch dann hab ich mich beim Lesen fast an meinem Frühstück verschluckt: In den beiden Fabriken arbeiteten insgesamt 6000 Leute. SECHSTAUSEND. In Österreich gabs gerade neue Kollektivverhandlungen für die Textilbranche. Da handelt es sich INSGESAMT um bissl über 8000 Leute. In Bangladesch kommen auf zwei Fabriken sechstausend. Und diese sechstausend Leute wurden einfach so entlassen. Zack, fertig, morgen brauchst nimmer kommen, das Haus fliegt nämlich bald zamm.

Ohne Entschädigung, ohne gar nix. Gut, so wie ich das bisher mitbekommen habe, ist es in Dhaka für NäherInnen nicht gar so schwer, schnell was neues zu finden (es sei denn, man war bei Rana Plaza dabei, gilt als „gestört“ und ist auf einer roten Liste, die die Fabriksbetreiber untereinander weitergeben – sie wollen keine Traumatisierten aufnehmen). Aber sechstausend auf einen Schlag? Das ist komplett illusorisch, dass die alle schnell wieder unterkommen. Vor allem, dort ist es nicht so, dass man schnell mal mit der Ubahn in einen anderen Bezirk zu anderen Fabriken fährt – alles, was per Fußmarsch erreichbar ist, ist realistisch, alles weitere nicht.

Mir hauts echt bei den Relationen, wie mit menschlicher Arbeitskraft umgegangen wird, immer wieder den Vogel raus.

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Aber ich bin noch nicht fertig!

Für die, die sich veilleicht insgeheim gefreut haben, dass ich mit einem fertigen Kleiderschrank auch endlich aufhöre, täglich so viel Blabla von mir zu geben (dass der Bezirksvorsteher vom siebten Bezirk meinen Beitrag mit einem „like“ markiert, hat mich diesbezüglich etwas nachdenklich gemacht 😀 „Endlich gibts a Ruah!“, oder wie?): Da muss ich euch leider enttäuschen. Denn da draußen gibt es erstens noch viel zu viele Dinge, die man wissen sollte, und aus denen man Konsequenzen ziehen sollte, und auch noch superviele Menschen, die nicht den konventionellen Weg gehen, sondern auf bio und fair setzen, und die ich hier vorstellen möchte.

Was mich beispielsweise in letzter Zeit beschäftigt, ist Sumangali. Dieser  so nett klingende Name steht für ein ganz schreckliches System im der Textilbranche: In Indien werden junge Frauen quasi an die Textilbranche verkauft. Sie werden mit dem Versprechen, Weiterlesen

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Ich bin ein Weichei

Wahnsinn, bin ich ein Weichei. Diese Woche war arbeitstechnisch extrem anstrengend, aber auch wahnsinnig spannend. Ich bin in diversen Workshops gesessen, in denen es um meine neuen Arbeitsfelder ging. An sich super, aber: Samstag von neun bis 22 Uhr, Sonntag von zehn bis sechs. Gefühlt war ich aufgrund der Fülle an neuen Informationen und dem dichten Programm bereits Freitagfrüh braindead.

Heute am Heimweg dann die Erkenntnis: Weiterlesen

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Die Revolution nach Rana Plaza

Meine Tage sind gerade viel zu voll. Zwar nicht massiv stressig, aber einfach voll. Was mich voll müde macht – und was zu solchen Blogbeiträgen führt. Fotos posten und pfoah sagen. War keine meiner Meisterleistungen, tschulligung. Aber weil ich heut genauso müd bin wie gestern, lass ich heut einfach den Lars von der Grünen Mode bei mir plaudern. Er hat nämlich gestern gepostet:

Fashion Revolution Day: Mitmachen am 24.04.2014

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Am 24.4. ist der Jahrestag des Fabrikeinsturzes am Rana Plaza (Bangladesh), bei dem 1127 Menschen getötet und 2438 schwer verletzt wurden. Es ist der wohl schwerste Fabrikunfall in der Geschichte der Textilindustrie.

Anlässlich dieser Katastrophe hat FairTrade-Fashion-Pionierin Carry Sommers den Fashion Revolution Day ins Leben gerufen. Auf der ganzen Welt soll an diesem Tag für faire Arbeitsbedingungen demonstriert werden, in Gendenken an die Opfer dieser und unzähliger anderer Katastrophen in der Textilindustrie. Fashion Brands, Händler_innen, Designer, Aktivisiten, Bildungszentren und Privatpersonen sind aufgerufen, an diesem Tag ihre Unterstützung für einen globalen Wandel zu zeigen. Inzwischen sind bereits Aktionen in mehr als 40 Ländern geplant.

Der Fashion Revolution Day wurde von einer internationalen Gruppe bestehend aus UnternehmerInnen, AktivistInnen, PressevertreterInnen und AkademikerInnen sowohl aus dem Modebusiness als auch darüber hinaus initiiert, welche die Tragödie des Rana Plaza in Bangladesch als Anstoß verstehen, endlich etwas zu unternehmen. Er soll ein jährliches Ereignis werden, das Mode als positiven Einfluß auf unsere Gesellschaft und jene, die das möglich machen, feiert.

Das Thema für den ersten Fashion Revolution Day lautet, “Wer stellt deine Kleidung her?”  Mit einer simplen Geste, das Kleidungsstück mit der Innenseite nach aussen zu tragen (Hashtag #insideout), sollen die Menschen dazu angeregt werden, sich die Frage zu stellen, wer ihre Kleidung herstellt.
Jede(r) kann mitmachen und je mehr Menschen an diesem Tag InsideOut tragen, je stärker wird die Wahrnehmen sein. Auf Instgramm, Facebook und Twitter werden an diesem Tag Selfies mit dem Hashtag #insideout gesammelt, sodass die Aktion auch in den sozialen Netzwerken präsent sein wird.

Die internationalen Organisatoren hoffen, dass diese Initiative helfen wird, die öffentliche Aufmerksamkeit ein Jahr nach dem Fabrikeinsturz erneut auf die textilen Arbeitsbediungen zu lenken.

HändlerInnen, Brands und DesignerInnen weltweit werden Aktionen organisieren, indem sie ihre Ladenflächen, Schaufenster und Ausstellungsräume nutzen, um mit ihrer Kundschaft in Austausch zu treten. Mögliche Ideen sind:

• Schaufenster mit dem Thema “Triff die MacherInnen” dekorieren. Das können Bilder sein, oder tatsächlich Menschen, die etwas ‘live’ produzieren. Oder alle Kleidungsstücke könnten mit der Innenseite nach aussen ausgestellt sein. Online könnte es auch ein spezielles PopUp #insideout für den Fashion Revolution Day geben.

• Alle MitarbeiterInnen tragen ihre Kleidung an diesem Tag verkehrt herum und verbreiten Fotos davon über soziale Netzwerke.

Für Deutschland hat Magdalena Schaffrin (Green Showroom, Ethical Fashion Show) die Koordination der Aktionen übernommen und bittet alle, die etwas machen wollen, sie per Mail darüber zu informieren, damit sie die Aktionen auch auf der Kampagnen-Website eintragen kann. Ihr erreicht Magdalena unter fashionrevolution@magdalenaschaffrin.com
Zudem gibt es bereits eine Facebook-Gruppe für den gegenseitigen Austausch.

Ich bin ja total begeistert von der Idee, werd euch an dem Tag jedoch wahrscheinlich ein Inside-Out-Foto aus irgendeinem Nationalpark in Utah oder Arizona schicken. Aber ich würd mich total freuen, wenn ein paar österreichische Modefans ein Zeichen setzen wollen!

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Rana Plaza mitten in Manhattan

Der Zusammenbruch von Rana Plaza ist jetzt zehn Monate her. Seither hat sich viel und gleichzeitig nix entwickelt. Viele Unternehmen haben das Brandschutzabkommen unterzeichnet, einige Firmen haben den Überlebenden und Hinterbliebenen Zahlungen versprochen. Bisher bezahlt hat nur Primark. Und das auch nicht vollständig – denn bezahlt werden nur jene Hinterbliebenen, die einen Totenschein vorweisen können. Immer noch sind Hunderte unter der Ruine verschüttet, und auch viele der geborgenen Leichen waren nicht mehr identifizierbar. In der 7- Millionenstadt Dhaka gibt es EIN Labor, das DNA-Tests durchführen kann – und die sind für den Durchschnittstextilarbeiterangehörigen sowieso nicht bezahlbar. Aber ohne Totenschein keine Kohle. Das muss immer wieder wiederholt: Es ist nichts wiedergutgemacht worden, nichts gerecht abgegolten worden. Der Mindestlohn in Bangladesch ist angehoben worden – aber längst nicht auf eine menschenwürdige Höhe. Das Ergebnis: Massive Unruhen, weitere Tote. Nichts wird besser.

Die Clean Clothes Campaign hat bei der New York Fashion Week in den letzten Tagen daran erinnert (alle Fotos (c) Clean Clothes Campaign):

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Blusen aus Bangladesch

Gefunden bei Isabel, will ich euch das nicht vorenthalten. Mir ists gerade wirklich kalt den Rücken runter geronnen. Denn diese Blusen, um die es geht: Die hatte ich auch schon mal in der Hand. Wenn diese Bilder plötzlich im wahrsten Sinne des Wortes angreifbar werden, das gibt den sowieso schon erschreckenden Bildern weitere Schärfe. Doch es geht auch ohne, auch der Beitrag alleine „wirkt“.

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Presse-Kommentar: Der Mann hat sooo recht!

Ich bin gestern Abend schon drübergestolpert online, heute stehts in der Printausgabe der Presse: Der Mann hat einfach nur so recht, und fasst es wunderbar zusammen. So schön, dass ich es unbedingt auch hier am Blog posten möchte, nicht nur auf Facebook:

„T-Shirt, made in Bangladesch“: Moral ist nicht eingepreist

Kritisieren, und trotzdem kaufen. Erklärungsversuch einer Doppelmoral.

Von Adrian Lobe  (Die Presse)

Erinnert sich noch jemand? Im Mai 2013 stürzte in Bangladesch eine Textilfabrik ein. Über 1000 Menschen starben. Die Bilder lösten Entsetzen aus, die Empörung war groß. Medien, Wirtschaft und Politik geißelten die katastrophalen Arbeitsbedingungen: Die Verantwortlichen müssen zur Rechenschaft gezogen und die Arbeitsplatzverhältnisse verbessert werden, war der einhellige Tenor. Große Modeketten wie H&M, Benetton und Zara, die in Bangladesch und anderen Billiglohnländern in großem Stil produzieren, wurden an den Pranger gestellt.

Ein Jahr später ist man wieder am Ausgangspunkt angelangt. Vom moralischen Furor ist wenig geblieben, das Geschäft geht munter weiter. Die Leute kaufen eifrig bei den gebrandmarkten Kaufhausketten ein, das Etikett mit der Aufschrift „Made in Bangladesch“ wird ignoriert. Was zählt, ist der Preis.

Das T-Shirt ist kein Gebrauchsgegenstand mehr, den man über einen längeren Zeitraum trägt, sondern ein Einwegprodukt, das man einmal anzieht und dann in den Müll wirft. Wir gehen verschwenderisch mit Ressourcen um.

Die modernen Sklaven in der Dritten Welt, die oft nicht mehr als einen US-Dollar am Tag verdienen und in erbärmlichen Behausungen leben, müssen für den Überflusskonsum in den Industrienationen schuften. Die Frage ist: Wie lange können wir uns diesen Lebensstil noch leisten? Wie viele Fabriken müssen noch einstürzen, ehe ein Umdenken einsetzt?

Komplizen der Textilindustrie

Die Gutmenschen im Westen, die gern Menschenrechte einfordern und sich in Krisengebieten zum moralischen Scharfrichter aufschwingen, werden zu Komplizen der Textilindustrie. Eine Doppelmoral und üble Heuchelei: Wir zeigen mit dem Finger auf böse Modeketten und Ausbeuter, kaufen aber ihre Produkte – und unterstützen damit dieses Treiben. Wir finden es irgendwie „cool“, ein iPhone in den Händen zu halten, das eine glatte Oberfläche hat, sich perfekt an den Nutzer anschmiegt, wollen aber nicht einsehen, dass an den seltenen Erden oftmals Blut klebt. Wir sehen das Produkt, aber nicht die Leute, die es produzieren.

Fair Trade ist nur eine Nische

Auf modisch gefärbten Jeans erkennt man keine Schweißperlen. Und man sieht auch nicht die verklebten Lungen chinesischer Arbeiter, die Jeanshosen mit einem Giftcocktail aus Chemikalien bearbeiten, damit diese den gewünschten Vintage-Look bekommen.

Natürlich empfinden wir es als himmelschreiende Ungerechtigkeit, wenn wir in den Abendnachrichten die Arbeitsbedingungen in den Fabriken sehen. Trotzdem gehen wir am nächsten Tag ins Modegeschäft, eben weil es billig ist. Der Homo oeconomicus wägt zwischen Preis und Konsumwert ab. Die Moral ist nicht eingepreist.

Es gibt die Kritiker von Attac und Greenpeace an diesem Geschäftsgebaren. Doch Nichtregierungsorganisationen können dem System nur schwerlich etwas entgegensetzen. Fair Trade ist nur eine Nische. Die Macht der Verbraucher ist die Ohnmacht der Arbeiter.

Ist der mediale Scheinwerfer weg, gerät die Misere in Vergessenheit. Die moderne Konsumgesellschaft ist nicht nur eine Wegwerfgesellschaft, sondern auch eine Wegschaugesellschaft. Wir sehen verschämt weg oder setzen Betroffenheitsminen auf, wenn wir mit der Armut konfrontiert werden.

Wir ergehen uns in Empörungsexerzitien, fordern vehement ein Ende der Ausbeutung, mehr Gerechtigkeit und Fairness. Doch mit unserem Kaufverhalten konterkarieren wir eben unsere wohlfeilen Intentionen. Wir werden die Welt nicht retten. Aber wir sollten unsere hehren Motive nicht an der Kaufhauskasse vergessen.

Adrian Lobe (geb. 1988) studierte Politik- und Rechtswissenschaft in Tübingen und arbeitet als freier Journalist für diverse Medien.

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Die Weihnachtsgeschichte aus Dhaka

Na, auch schon alle ganz harmoniebesoffen und vollgefressen mit Keksen? Mir gings gestern so, Weihnachten mit der ganzen Familie, alle Nichten (unterm Badezimmerwaschbecken versteckt leise über einem Weihnachtsgeschenk vertieft) und Neffen (ohrenbetäubend laut die großelterliche Wohnungseinrichtung demolierend). Und die Kekse standen uns bei den Ohren raus.

Heute hab ich mich durch Nachrichten lesen wieder in die Realität geholt. Dankenswerterweise – und da freu ich mich wirklich drüber! – berichtet ORF.at heute riesengroß über Bangladesch. Es ist nämlich so: Von den über 1300 Toten sind bei weitem nicht alle identifiziert worden (und die, die es wurden, oft falsch, also der falschen Familie übergeben). Hunderte sind anonym begraben, einige liegen immer noch unter den Trümmern von Rana Plaza. Und während andernorts über Entschädigungszahlungen diskutiert wird und einige Firmen sagen: „Wir zahlen ja eh!“, stellt sich die Frage: „Aber an wen?“. Es bekommen nur die Familien Entschädigungen, die einen Totenschein vorweisen können. Was soviel heißt wie: Ziemlich viele schaun durch die Finger. Und posthum DNA-Proben ziehen usw…. vergiss es. In diesem Millionen-Moloch namens Dhaka gibts genau ein kleines Labor, das das kann.

Hier gehts zur ganzen Geschichte, die nicht viel Hoffnung macht.

Frohe Weihnachten.

Tschulligung fürs Laune versauen. Nachher gibts eh wieder Oh Tannenbaum-die Oma sitzt im Kofferraum-Stimmung…

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