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In eigener Sache

In den letzten Wochen habe ich mich sehr intensiv mit der Frage auseinandergesetzt, wieviel Sinn es eigentlich hat (und welchen Sinn ich daraus eigentlich mache), mich hier so zu personalisieren. Natürlich ist da viel „hey, ich bin nett, habt mich gern“-Wunsch unbewusst dabei, genauso wie dieses Sehnen danach, ein Bild von sich zu erschaffen, das Bestätigung bringt. Daher bin ich sehr auf die Bremse getreten in letzter Zeit. Durch einen sehr scharfen Schnitt in meinem Leben erschien mir plötzlich einiges so unwirklich, was in den vergangenen Jahren passiert ist, auch in Bezug auf diesen Blog, und mein eigenes Verhalten plötzlich sehr unreflektiert und unsensibel. Und anstatt zu genießen, dass ich anscheinend eine gewisse Bekanntheit erreicht habe, die ich intentional nie haben wollte, aber die ich damals für den Moment eigentlich ganz witzig fand, versuche ich gerade meiner eigenen Intention auf den Grund zu gehen. Warum war es mir ein Bedürfnis, meinen Selbstversuch zu bloggen, warum habe ich danach konsequent weitergemacht?

Was anfing als pures Selbstkontrollinstrument (so streng bin ich mit mir, dass ich, WENN ich mich schon in einem Bereich deutlich oute, auch authentisch und ehrlich bleibe), wurde recht bald zu einem erfolgreichen Portal, in dem ich gegen Fast Fashion ankämpfen konnte. Einfach, weils mir inhaltlich gegen den Strich geht, wie wir Kleidung konsumieren, wie wir komplett drauf scheißen, wer die produziert hat, und uns ebenso schnurzpiepegal ist, dass dabei die Umwelt und somit unsere Zukunft und die unserer Kinder draufgeht. Das ergab sich jedoch erst nach ein paar Monaten nach Beginn des Projekts, dieser Wunsch, meine vom Mainstream abweichende Position klar darstellen zu können, davor wars echt nur Selbstschutz und große, große, ja riesige Freude am Schreiben. Gut, mir war schon aus meiner beruflichen Medienerfahrung klar: Personalisiere, und du erreichst mehr Leute. Und das habe ich dann ausgenutzt.

Einfach, weil ich die lauten Forderungen der NGOs und die trockenen Artikel, die die Medien daraus machen, zwar extremst wichtig finde – aber ich wollte auch Leute abholen, die mit dem Gefasel von NGOs überhaupt nichts am Hut haben und die fünf Euro, die sie an Greenpeace spenden könnten (*hüstel* 😉 ), lieber in ein neues heißes Top für den Mädelsabend in der Cocktailbar investieren – obwohl sie sich sogar beides gleichzeitig leisten könnten und einen Gin Tonic obendrein. Und das Spannende: Es gelang mir. Mein Buch hat sich bereits weit über 13.000 mal verkauft (ALTER! DREIZEHNTAUSEND! ZWICKTS MICH!), der Blog bewegt sich gerade rund um seinen millionsten Klick, und auch wenn ich nicht schreibe, landen täglich mehrere hundert Leute hier und lesen.

Mein Ziel ist klar: Ich wünsche mir, dass mehr Leute draufkommen, dass eine andere Modewelt möglich ist. Dass diese immer perverser werdende Trendspirale und Fast Fashion Industrie uns alle kaputtmacht. Dass wir als KonsumentInnen sehr wohl auch dazu beitragen können, indem wir mit unserem Geld (=aus wirtschaftlicher und politischer Sicht unserer Macht) ein Zeichen setzen können, welche Art von Produktion wir uns wünschen. Es ist mir ein extremes Anliegen, Hemmschwellen abzubauen. Menschen, die glauben, ui, biofaire Mode, das ist sicher Ökoschlapfen-Jutesack-Optik, pfuiwähgrauslig, die sollen hier merken, dass es optisch echt üüüüüberhaupt keinen Unterschied mehr gibt (außer vielleicht bei Pailletten – denn die sind IMMER Kinderarbeit). Daher hab ich auch den Greenpeace Fashion Shopping Guide recherchiert, und auch hat bereits fast 7000 Downloads. Wahnsinn, oder? Ich finds einfach saucool. Überhaupt die Tatsache, dass meine Beschäftigung mit dem Thema mir einen Job innerhalb der größten Textilkampagne der Welt gebracht hat, ist einfach ein gelebter Traum – und ich fühle mich – obwohl Atheistin – wirklich gesegnet.

Es funktioniert also. Ich habe meinen Wunsch, biofaire Mode beliebter zu machen und die Leute dazuzubringen, über ihr Konsumverhalten nachzudenken, umsetzen können – und wie sogar! Aber: Ich habe mich dafür auch ein bisschen freiwillig prostituiert. Dass mir das großen Spaß macht, weil es mir unglaublich viel Bestätigung bringt, sehe ich derzeit sehr kritisch. Warum brauche ich diese Bestätigung eigentlich? Daher kommt momentan mein Schweigen hier, auch wenn es wie immer unglaublich viel zu berichten gäbe…. ich habe in letzter Zeit wirklich darüber nachgedacht, ob ich überhaupt noch bloggen (und somit mich so öffentlich selbst darstellen) will.

Mein Bauchgefühl sagt mir jedoch: Hey, die Leute hier lesen es. Ich kriege immer wieder Nachrichten, Mails, Kommentare von hauptsächlich Frauen, die mir von ihrer eigenen Shoppingdiät erzählen, meine Kollegen und Freunde nutzen mich seit Jahren als persönlichen Ratgeber in Sachen faire Mode. Ich liefere Inhalte. Und damit will ich auch weitermachen. Aber bis heute war ich immer noch stark verunsichert: Wie soll das dann aussehen? Vertreibe ich damit Leute? Werde ich dann auch zur trockenen Inhaltsvermittlerin? Wieviel von meinem Leben will ich preisgeben? Was davon?

All diese Fragen stelle ich mir noch immer, und das wird mich sicher auch noch eine Weile beschäftigen. Allerdings: Ich bekam heute eine Nachricht von einer mir unbekannten Frau aus Tirol, ich erlaube mir, sie anonymisiert zu veröffentlichen:

Liebe Nunu, danke, dass du dieses Buch geschrieben hast – danke, dass du mich inspiriert hast, auch einen längerwährenden (inzw. sinds 7 Monate!) Kaufstreik zu wagen – danke, dass ich jetzt viel kreativer in der Zusammenstellung meiner Kleidung bin – danke, dass vergessene T-Shirts, Blusen etc. wieder etwas wert sind und in neuer Kombination echt toll aussehen – danke, dass ich damit Geld, Zeit und Nerven spare und nach langer Zeit wieder zur Stricknadel griff – danke, dass ich durch dein Buch noch bewusster einkaufe – danke auch für deine interessanten Blogs und Inputs auf Facebook….ich wünsch dir von ganzem Herzen, dass du viele Menschen mit deiner Idee begeistern kannst! A. aus Tirol (es war mir einfach ein Anliegen, dir das zu schreiben )

Ziel erreicht, würde ich sagen. Auch wenn mir am Anfang dieses Blogs nicht klar war, dass das das Ziel war. Und ich sicherlich während des Hypes rund um Buch und Blog immer wieder drauf vergessen hab und mich in der Bestätigung meiner Person gesuhlt hab: Das, was A. schreibt, das ist in den vergangenen Jahren, in denen ich erst selbst durch diesen Prozess der Bewusstwerdung gehen musste, wie scheiße die konventionelle Modeindustrie eigentlich sein kann und wie sie uns verarscht auf Kosten anderer, zu meinem Ziel geworden. Und das will ich weiter verfolgen.

Und wer bis hier gelesen hat, bekommt ein Mitarbeitsplus. Danke fürs Lesen. Auf bald. Mit neuen Nachrichten aus einer anderen Modewelt, die den konventionellen nicht nur um nichts nachsteht, sondern ihnen meilenweit voraus ist. Aber definitiv mit weniger ichichich.

Ich habe lange überlegt, ob und wie ich diesen Beitrag schreiben soll. Und auch wenn ich weder auf Hintergründe eingehe noch jemandem eine Erklärung schuldig bin, wird sich eines wohl nicht ändern: Ich muss mir Dinge im wahrsten Sinne des Wortes von der Seele schreiben. Aber ich werde sie in Zukunft nicht immer veröffentlichen.

 PS: Ich hab grad echt überlegt, wieso ich das geschrieben hab. Was es euch eigentlich angeht. Aber auf der anderen Seite: Ich hab durch diesen Beitrag gerade meine innere Sperre und sich fast schon entwickelnde leichte Angst vorm Bloggen hier wieder niedergerissen.

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Sorry

Sorry für das Chaos gestern. Hier gehts bald weiter. Derzeit dringend Pause benötigt. Eine Zwischenrückkehr wirds am 9. September geben, mit einer Überraschung. Bis dann.

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Ich höre auf zu bloggen.

Für eine Woche. Ja, ich weiß, reißerischer Titel. 🙂 Es war einfach zu verführerisch. Ich hoff, jetzt sagt niemand: „Na endlich“… 😉

Kein Laptop kommt mit. Kein Strickzeug. Und sogar … ich glaube es ja selbst fast nicht… kein Sachbuch zum Thema. Nur Belletristik.

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Kein straffes Programm wie auf der USA-Reise, sondern einfach Seele baumeln. Aber ich warne euch gleich mal vor: von einer ebensolchen Reise vor zweieinhalb Jahren bin ich mit der Kaufnix-Jahr-Idee zurück gekommen 😉

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Das ökologischste Handy der Welt

Es geht doch nichts übers eigene Netzwerk. Mein Handy lag ja schon seit längerer Zeit im Sterben, gegen Ende letzter Woche wars dann endgültig soweit, dass ich daran dachte, die lebenserhaltenden Maschinen abstellen zu lassen. Permanent neustarten müssen, Anrufe nicht bekommen, Apps, die abstürzen, alles kein Spaß mehr. Ich wollt mir jedoch kein neues kaufen. Also mal auf Facebook einen Aufruf gestartet, ob mir jemand denn sein altes Handy (ok, gut, altes Smartphone, ich häng halt doch sehr dran, unterwegs fotografieren und Emails checken zu können) überlassen wolle.

Das Ergebnis: Ich hab jetzt ein gebrauchtes Fairphone. Ökologisch korrekter gehts ja kaum 😀 Vielen Dank, liebe Wollprinzessin. Sie hat es mir im Gegenzug für ein bissl Texterei und Mitarbeit bei diesem wunderbaren Onlineshop vergleichsweise günstigst überlassen. Ich finde, so funktioniert Netzwerken einfach: Gegenseitig sinnvolle Dinge füreinander tun. Und so nebenbei dabei Ressourcen schonen 🙂

2014-08-21 01.05.15

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Nachhaltige Mobilität – was für ein Blabla

Heute mal ein Beitrag, der erstens nix mit Textil zu tun hat und zweitens gesponsert ist. Ich will mich am Blog zwar unabhängig halten, aber wenn ich was wirklich gut finde, dann unterstütze ich es gerne. Alle meiner Beiträge über tolle Geschäfte zum Beispiel sind komplett ungestützt, da entscheide ich mich einfach dazu, drüber zu schreiben. In diesem Fall hab ich etwas zur Verfügung gestellt bekommen – und finds so toll, dass das schon wieder zu einem Herzblutbeitrag wird.

Ich bin eine, die in der Stadt am liebsten mit dem Fahrrad fährt. Wenn sie nicht mit dem Fahrrad fährt, weil ihr der Weg zu steil a.k.a. weil sie zu faul ist und lieber noch ein paar Seiten ausm aktuellen Buch lesen will, dann nimmt sie die Öffis. Durch die wunderbare Lage meiner Wohnung bin ich auch sofort überall, ich hab in nächster Nähe Öffis in alle Himmelsrichtungen. Das Auto nehm ich ganz selten, eigentlich nur, wenn ich was abholen/liefern muss oder wenns aus der Stadt rausgeht (sowohl meine Eltern als auch der Schwiegerpapa haben das seltene Talent bewiesen, in Orte zu ziehen, wo weit und breit kein Bahnhof ist und man ohne Auto erschlagen ist). Und seit neuestem rollere ich auch. Das tu ich, weil eine Bekannte meines Bruders das Hirn und Herz hinter rollerstop.at ist und wir irgendwie im Netz übereinandergestolpert sind und ich jetzt temporär einen Roller testen darf.

So, und jetzt sind wir beim Thema „Nachhaltige Mobilität“. Wenn ich dieses Wort schon höre, rollts mir die vielzitierten Zehennägel hoch. Warum? Was ist das denn? Nachhaltig von a nach b kommen? Beim Schwiegerpapa komm ich leider nur mit Auto nachhaltig an. Im Vergleich zum Zug ist das Auto sicher nicht nachhaltig, Benzinverbrauch, Ausstoß usw. Aber  dieses ganze Blabla rund um nachhaltige Mobilität, die E-Auto-Produzenten setzen sich da ja auch drauf. Dabei verschiebens den Ausstoß einfach nur vom eigenen Auspuff in Richtung Schornstein des stromproduzierenden Kraftwerks. Is weit weg, sieht man nicht, boah, voll nachhaltig.

Fertig gewütet. Ich wollt nur mal klarstellen, wie blöd ich bei der Mobilität eine Unterscheidung in nachhaltig und nicht nachhaltig finde.

Zurück zum Roller: Ich sags euch, ich verlerne (nachhaltig) das Gehen 🙂 Am Roller Richtung Ubahn, dann von der Ubahn zum Bus an all den Leuten, die gemeinsam mit mir die U3 verlassen, gemütlich vorbeizischen, und von der Busstation ins Büro in einem Drittel der „zu-Fuß-Zeit“. DAS ist für mich nachhaltig. Und in das Sackerl vornedran lassen sich möööglicherweise auch der eine oder andere gekaufte Meter Stoff verstauen, hihi!

Ich liebe diesen Roller….

2014-08-06 08.09.58

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Ich wollte nie Drachenfrüchte!!!

Home Office ist was Tolles. Erstens hat man seine Ruhe und nicht dauernd irgendwelche Unterbrechungen im Großraumbüro (gut: von einem/r der SitznachbarInnen angeblödelt zu werden, schlecht: die unfassbar laute Kaffeemaschine), und zweitens kann man bis Punkt neun zuhause entspannt aufwachen und herumfaulen, bis es an die Arbeit geht. Was ich getan habe? Ich hab mich höchst unökologisch in die Badewanne gelegt. Das Fenster im Bad war offen, und von draußen hörte ich nur die im Hinterhof wohnende Amsel. Kurz wurde mir klar: welch Luxus! Sechs Fenster meiner Wohnung gehen in einen Innenhof, der mir folgende Geräuschkulisse schenkt: Grillen in der Nacht, die Amsel in der Früh, kurz danach Kirchturmglocken, manchmal die Musik des Nachbarn (ich weiß immer noch nicht, welcher Nachbar, aber die Musik ist trotz munterer Stildurchmischung immer gut) und ganz selten, wenn der Wind gut geht, das Pfeifen von anfahrenden Zügen. Autoverkehr hört man nicht. Wow, dachte ich mir. Luxus. Und das mitten in der Stadt mit der Ubahn ums Eck. Mir gehts ja so gut. Im nächsten Moment freute ich mich, dass ich mich über sowas noch freuen kann. Dass es mir nicht um „was kauf ich mir heute Neues, über das ich mich kurz freu, und das ich anderen zeigen kann“ geht. Oder dass ich die „kleinen Dinge“ bereits übersehe, weil ich unbedingt nach Höherem strebe.

Und wieder im nächsten Moment fühlte ich mich saupräpotent wegen dieser Überlegungen. Warum? Weil meine Badewannenlektüre Kathrin Hartmanns „Wir müssen leider draußen bleiben“ war.

Wir muessen leider draussen bleiben von Kathrin Hartmann (c) Verlagsgruppe Random House GmbH, Muenchen

Wir muessen leider draussen bleiben von Kathrin Hartmann (c) Verlagsgruppe Random House GmbH, Muenchen

Knallhart von der ersten Seite weg beschreibt sie Armut in Deutschland, man liest von Beziehungsberechtigten der Tafel, die sich Einkauf im Supermarkt nicht leisten können, und davon, wie absurd das eigentlich ist, welchen Überschuss Supermärkte kassieren. Ein unfassbar starkes Buch, selbst nach den ersten sechzig Seiten. Seit Ewigkeiten hatte ich es am Stapel, es ist ein Rezensionsexemplar, und bin nicht dazugekommen, es zu lesen. Das, was Werner Kräutler so gut am Beispiel Primark erkannt hat, nämlich, dass die Mittelschicht sich durch ihr Konsumverhalten selbst abschafft, zeigt sie ganz allgemein auf: Ohne Armut kein Reichtum. Daher kein Interesse der Politik, die Armut zu bekämpfen. Das ganze eingebettet in eine Überflussgesellschaft, die mir auch jedesmal im Supermarkt zu denken gibt: Wann hab ich eigentlich im Sinne von Angebot und Nachfrage mal ganz offen nach 37 verschiedenen Erdbeerjoghurtsorten gefragt? Und wann ist in mir Anspruch entstanden, dass ich Samstag um 17 Uhr im Supermarkt noch ein volles Brotangebot finde? Ganz ehrlich? Nie! Nicht, dass ich mir jetzt kommunistische Zustände herwünsche, in denen es eine Sorte Erdbeerjoghurt, eine Sorte Vanillejoghurt und zwei Sorten Naturjoghurt oder genau zwei oder drei verschiedene Brotsorten (wenn überhaupt) gibt, aber wir gehen gerade zu weit, oder? Ich muss da in letzter Zeit immer an eine von mir sehr hochgeschätzte Verwandte denken, die bei einem solchen Gespräch über den Überfluss mal völlig nebenbei und nonchalant meinte: „Hochkulturen gehen unter. War immer schon so.“ Schluck.

Schön, dass für die Tafeln, die ehrenamtliche Versorgung von Bedürftigen mit Restprodukten aus den Supermärkten, so viel übrig bleibt, an die Mitversorgung jener Personen denken die Supermarktketten aber ganz sicher nicht, wenn sie so viel Angebot in die Regale sortieren lassen. Hartmann schreibt: „Mit Nachhaltigkeit hat das allerdings nichts zu tun – denn Überproduktion und Verschwendung sind die Grundlage für den Profit der Handelsketten. Lebensmittelhersteller produzieren immer 120 bis 140 Prozent des realen Bedarfs, damit Engpässe, Verkaufsschwankungen, Transportprobleme und andere Störungen ausgeglichen werden können. Ein gutes Viertel aller Lebensmittel wird als wissentlich für den Müll produziert.“

Und warum  ich mich saupräpotent fühlte, als ich meinen Hinterhof grad liebend bedachte? Schlicht und einfach, weil ich es konnte. Weil ich eine funkelnagelneue Nähmaschine im Nebenzimmer stehen hab, die ich mir geleistet habe, weil ich über Auto (halb, geteilt mitm Liebsten), Fahrrad, Roller und zwei (fast) gesunde Füße verfüge (Scheißknie…), weil ich eine Wohnung hab, in der man zu sechst auch wohnen könnte und trotzdem gäbs Platz, weil ich im Winter nicht frieren muss und ich, wenn ich Hunger habe, mir aussuchen kann, ob ich zu Lidl, Billa, Hofer, Spar oder Penny gehe, alle sind innerhalb von zehn Gehminuten erreichbar, oder mir aus meinem regelmäßig gelieferten Biokistl was leiste und mir auch einen Einkauf beim Merkur leisten kann (gut, nicht täglich, aber hin und wieder), ohne dass es meinem Konto wirklich weh tut. Die Personen, von denen Hartmann schreibt, zu denen gehöre ich nicht. Nicht falsch verstehen, ich schwimme echt nicht im Geld. Es ist nicht so, dass ich mir einfach mit einem Schnipp alles leisten kann, was gut und teuer ist. Aber ich komme im Alltag wirklich extrem gut aus, habe keinen Kredit laufen, keine Schulden, und hin und wieder geht es sich halt auch aus, mal 300 Euro für eine Nähmaschine abzuzweigen. Das ist unfassbarer Luxus! Obendrein bin ich komplett bobo, inklusive gerne mal im Augustin frühstücken gehen oder schnell mal ein Wochenende mit Freunden an den Hausmeisterstrand in Grado tschundern und sich über die Pizza am Eck beim Wirten, der „Fiskeeplattäää“ so nett ausspricht, freuen. Scheiße, mir gehts einfach nur fantastisch gut. Ich will damit nicht angeben, ich glaube eher, dass ich mit diesen Umschreibungen auch das Leben vieler meiner Freunde beschreibe (von denen einige weniger haben, andere unfassbar viel mehr – und bei letzteren bin ich mir nicht sicher, ob ich neidisch sein sollte).

Gleichzeitig schreibe ich über wahnsinnige Armut. Die aber weit weg ist. In Bangladesch, in Indonesien, in Pakistan. Hin und wieder merke ich auch: Hui, so weit weg ist die ja gar nicht, das passiert in der Slowakei beispielsweise ja auch! Nachbarland!

Nur wenn ich das Buch so lese, dann habe ich ein schlechtes Gewissen, dass es mir so gut geht. Dass ich mit meinem wirtschaftlichen Standing die Zielgruppe von neunzig Prozent aller Dienstleister bin. Aber genau deshalb finde ich das Buch auch so toll: Es regt dazu an, aktiv zu werden. Man liest es und denkt sich: Revolution. Alles anders machen. Konsumalternativen finden. Umverteilen. Und wann kommt endlich diese verdammte Vermögenssteuer bitte? Wann schafft sich die ÖVP bitte endlich selbst ab? Wann werden wir uns endlich alle solidarisieren und dieses verlogen-bürgerliche Unternehmerpolitikertum endlich mit Mistgabeln aus der Stadt jagen?

Ganz ehrlich: Aus mir wird kein Robin Hood werden. Ich kenne mich, ich bin keine Aktivistin. Ich krieg fast einen Herzinfarkt vor Angst allein schon bei dem Gedanken, wenn ich irgendwo einsteigen müsste, um im Müll nach Essbarem zu suchen. Und ich werd jetzt auch nicht aus falsch verstandener Solidarität mein Leben komplett umkrempeln. Ich will auch nicht jetzt einfach nur mal kurz drüber bloggen und damit mein persönliches soziales Gewissen beruhigen. Ich liebe meine Arbeit bei Greenpeace (hui, es ist neun, ich sollt fertig werden mit dem Beitrag), ich liebe es, keine Schulden zu haben, und ich liebe meinen Lebenstil, über dessen Luxus im Kleinen ich immer wieder Lobeshymnen singe. Aber auch ich Bobo kann meinen Teil beitragen: Ich kann mein Konsumverhalten entsprechend gestalten, und verdammt noch mal mein Maul aufreißen. Ein geringeres und vor allem gerechteres Angebot fordern. Und zwar nicht nur einmal, sondern dauernd. Laut. In alle Richtungen. Scheißüberproduktion, echt jetzt, die Nackenhaare stellts mir auf, allein schon, was das ökologisch bitte für einen komplett unnötigen Wahnsinn auslöst!!!

Hartmann beschreibt es anhand eines Beispiels: „(..) So wird aus dem „Vollsortiment“ ein Überangebot, das den Konsumenten als anspruchsvoll und „mündig“ adelt. Perfidestes Beispiel in diesem Zusammenhang: die Drachenfrucht. Das exotische Obst mit der pinkfarbenen Hülle und dem Fruchtfleisch, das Stracciatella-Eis ähnelt, sieht so attraktiv aus, dass Supermärkte gern ihre Obstabteilungen damit schmücken. Tatsächlich aber scheint die Frucht, die in Lateinamerika und Asien angebaut wird, nur als Lockmittel zu dienen. Haben will sie nämlich niemand. Die beiden Autoren Stefan Kreuzberger und Valentin Thurn haben bei den Recherchen zu ihrem Buch: „Die Essensvernichter“ (..) herausgefunden, dass diese Früchte, die in teuren Supermärkten bis zu fünf Euro kosten, zu 80 Prozent weggeschmissen werden.“

Das ist doch unfassbar bitte!!! Ich will keine Drachenfrüchte mehr!! Ich will ein Angebot, dass ich alle leisten können. Und wir, die Kunden, die vielleicht sogar mal aus Neugierde fünf Euro hinblättern würden, um die Drachenfrüchte zu kosten, die sind gefragt! Auf die hören die Supermärkte (bis zu einem gewissen Grad!). Wir müssen fordern, dass wir keine Drachenfrüchte mehr wollen!!!!

Ja, ich verpack meine Themen gerne ins Lustige, Selbstironische. Erstens, weil ichs oft wirklich so sehe, man kann dem Leben auch mit einem Augenzwinkern begegnen. Und viele schreiben mir, meine Art zu bloggen macht harte Themen einfacher zugänglich (was mich übrigens wahnsinnig freut, jedes einzelne Mal!). Aber manchmal, da muss es einfach volle Kanne sein. Immer voll drauf auf die Zwölf. Das ist dann Kathrin Hartmanns Job. Das Buch ist Wahnsinn. Allein schon mein schriftlicher Wutanfall nach nur sechzig Seiten, es ist unglaublich, was diese Zeilen in mir auslösen. Jeder zweite Satz lässt mir entweder meine Kinnlade zu den Knien wandern oder mich halb verzweifelt den Kopf schütteln. Wer sich also ein bissl für Konsumalternativen interessiert: Lesen. Und dann entsprechend handeln.

 

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Marco sucht ein Zuhause

Na gut, wenns draußen schüttet, dann gibts halt doch einen Blogbeitrag. Allerdings einen, bei dems nicht um Textilien geht. Auch nicht um meine Näherei. Sondern um Marco. Marco sucht nämlich ein neues Zuhause. Und wenn ich neben Nähen, Stricken, dem Liebsten und meinen Freunden was liebe, dann sind es Tiere. Hunde, insbesondere. Irgendwann wirds einen eigenen geben. Aber noch nicht Marco. Und für den entfremde ich den Blog jetzt ausnahmsweise. Damit ein paar Hundefreunde ihn sehen.

Marco ist ein 15 Monate alter Mischlingshund, der seine ersten Monate als Kettenhund in Ungarn verbrachte. Jetzt ist er zur Pflege bei einem ehemaligen Arbeitskollegen vom Liebsten, der neben ihm auch noch drei (!) andere Hunde hat, drei Geschwister. Alle drei gleich alt, alle drei unterschiedlich groß, und wie die Daltons: Die Kleinste die Wiffste, der Größte ein bissl ein Doofer, aber unglaublich gutmütiger.

Das ist der Größte. Ein Liebi.

Das ist der Größte. Ein Liebi. Das ist NICHT Marco. Aber ich find das Foto so gelungen. Maro sieht man unten.

Genau. Jetzt auch Marco. Marco ist ein irre lieber Hund. Er hört brav, er ist nicht aggressiv, und er ist einfach… lieb. Einfach nur lieb. Wenn er mit anderen Hunden spielt, kann er ein bissl zum Rüpel werden, aber nie böse, immer spielerisch. Er hört wirklich beeindruckend aufs Wort (ein „Platz“ mit einem Gutzi in der Hand ist am lustigsten, dann wirft er sich bauchfleckartig auf den Boden).

Warum ich ihn nicht selbst nehme? Weil ich einen Hund suche, für den mein Lebensstil keine Quälerei bedeutet. Bei Marco bin ich mir nicht sicher. Erstens ist er sein „Rudel“ gewohnt und ist sehr lieb in der Interaktion mit den anderen Hunden, zweitens braucht er viel Auslauf. Von den vier Hunden, mit denen wir gestern über die Donauinsel gegangen sind, war Marco der, der mit seinem Hin und Her und mit anderen Hunden laufen sicherlich die meisten Kilometer gemacht hat. Sein aktueller Besitzer meint jedoch, dass Marco wahnsinnig anpassungsfähig ist und sehr menschenbezogen ist. Insofern wär er sicher auch ein guter Bürohund, ich denk mir halt, er ist anderes gewohnt, ich wills ihm nicht antun. Vor allem nicht, dass er alleine ist.

Also, gibt es HundebesitzerInnen, die sich einen unkomplizierten zweiten Racker zulegen wollen? Ich finde, Marco muss zu einem zweiten Hund dazu. Dann meldet euch bei mir und ich vermittle euch an Gerald!

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Selten einen Hund erlebt, der gleichzeitig so locker und easy ist und gleichzeitig so brav!

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Sein Fell ist übrigens viiiiel weicher als es aussieht!

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Kein Programm

Ich bin grad thematisch ein bissl leer. Nach Weltschmerz und freudiger Freizeitbeschäftigung fülle ich mir meine Tage mit viel Programm, von Nähen über Spazierengehen mit den Hunden von Bekannten über Freundesbesuche und Zehen ins Wasser stecken. Bloggen steht ausnahmsweise mal nicht am Programm. Auch heut hab ich kurz überlegt, worüber ich schreiben könnte, bin auf nix gekommen, und hab beschlossen: Na dann gibts halt auch nix.

Genießt den Sonntag, bevor das Gewitter kommt, und danach auch! 🙂

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Realität? Scheiße. Und zwar so richtig.

Es ist so unfassbar. Heut gehts mal nicht um Textil. Es gibt auch nix zum Lachen. Ich wünsch mir grad, irgendwo aufs sehr einsame Land in einen Vierkanter zu ziehen, mich dort bei ein paar spannenden Romanen, die mich komplett in erfundene, bunte Welten hineinziehen, vor einem Kamin mit offenem Feuer – na gut, in meinem Traum ist grad Spätherbst und nicht drückender Hochsommer – zurückzuziehen und die Welt draußen zu lassen. Strickzeug in einem Korb rechts von mir, am Schoß ein schnurrender Kater, vor mir am Boden ein schnarchender Hund. In meiner kleinen, feinen Welt gäbe nämlich es Hunde, Katzen, Schafe und ein Hausschwein. Es gäbe Freunde, die auch hier wohnten, und mit denen ich gelernt hatte, wann Zeit für Gemeinsam, und wann für Alleine ist.

Gut, jetzt fang ich an herumzuspinnen.

Worauf ich hinaus will: Einige Dinge gibt es in dieser Vorstellung nicht. Es wurde kein Passagierflugzeug von Separatisten abgeschossen. Es starben keine 300 Leute einen völlig sinnlosen Tod. Es gibt keine zahnlose EU, die sich nicht traut, dem Putin mal den Mittelfinger zu zeigen aus lauter Angst ums Gas. Es gibt auch keinen völlig wahnsinnigen Krieg mit noch mehr völlig sinnlos ausgelöschten Leben in Israel. Keine Hamas, die in ihrer Radikalität ihrem eigenen Volk mehr schadet als nutzt, kein israelisches Heer, das völlig überzogen reagiert, kein Netanjahu, der im eigenen Land Panik macht (ich stimme Jürgen Todenhöfer voll zu), und kein österreichisches Justizsystem, das jemanden aufgrund einer Zeugenaussage eines Polizisten verurteilt, obwohl in drei Tagen Prozess über 60 Zeugen den Angeklagten entlasten. Keinen ehemaligen Finanzminister, der sich von einem Kinderarzt krankschreiben und per OTS gesundmelden lässt. Der von einem Prozess zum nächsten marschiert, der klagt und angeklagt wird, als obs nix kosten würde. Keinen ehemaligen Berater von ihm, der den Exminister auf perverse 32 Millionen Euro verklagt – sie können einfach den Hals nicht vollkriegen, denk ich mir seither. Es gäbe keinen Hypoprozess, wo allein die Gerichtsgebühr perverse, absurde, irre 900.000 Euro beträgt (und die wiederum von wem bezahlt werden? Richtig, von den Steuerzahlern. Von uns. Wir dürfen brennen, weil ein paar Gestalten in unfassbarer Selbstgerechtigkeit den Anschluss an die Realität komplett verloren haben). Und die Prozesskosten für diesen Monsterprozess zwei Millionen Euro. PRO TAG. In der kein selbsternannter Musiker, der in seiner Traditionalität Emotionen schürt, die in meinen Augen erschreckend weit rechts gelagert sind – und der es schafft, mit dummen und sexistischen Argumenten („ich besing die Madln eh“) eine Sommerloch-Debatte auszulösen, die tiefer nicht gelagert sein könnte und als Nebenprodukt einen Shitstorm gegen eine Ministerin zur Folge hat, der absolut erschreckend, und den sie (trotz keiner gesteigerten Sympathien der Frau gegenüber) nicht verdient hat.

Die Liste könnt ich endlos fortsetzen.

Realität macht grad keinen Spaß. Und jetzt meine Frage an euch: Gehts grad nur mir so, weil es mich auch privat etwas beutelt (in meinem Traum kommen Krebserkrankungen und Herzinfarkte übrigens genauso wenig vor wie Streit. Und Gastritis. Beschissene Gastritis.), oder nimmt die Menge der Nachrichten, die einem den Hals zuschnüren und die Zukunft alles andere als rosa sehen lassen, gerade ein nicht mehr ertragbares Level, von dem man sich nichtmal durch endlose Wiederholungen von blöden US-Sitcoms ablenken kann, an?

Sorry. Morgen wieder lustiger. Heute ist halt mal alles scheiße. Vor allem die Realität.

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Ab sofort darf ich #rollern

Achtung, offtopic, aber ach wie super, mein Fuhrpark hat sich erweitert! Neben meinem heißgeliebten und dankenswerterweise frischreparierten Fahrrad und einem halben kleinen Auto für Fahrten aufs Land kann ich jetzt auch rollern! Ich hab ja schon mal über Katharina, eine Freundin meines Bruders, und ihre Roller geschrieben. Katharina hat nämlich was Tolles erfunden: Parkplätze für Roller. Warum braucht man sowas? Weil gerade in Schulen sich oft die Roller stapeln, in manchen Schulen sind die Roller bereits verboten, weil sie entweder Platz wegnehmen, gestohlen werden oder die Kinder sich an den Rollern verletzten, weil sie über die quer in der Gegend herumliegenden Roller fliegen. Aber wenn man mal drauf achtet: In der Stadt sind auch viele Erwachsene auf Rollern unterwegs – und die sind auch wirklich praktisch, wenn man es etwas weiter zur nächsten Öffistation hat zum Beispiel. Da machen dann solche Rollerparkplätze sicher auch vor Supermärkten Sinn.

Und ich, ich darf jetzt bis Mitte September auch so einen Roller testen – und werde hin und wieder brav mit dem Hashtag #rollern drüber berichten, denn das Projekt von Katharina, das unterstütz ich gern. Das ist schlau und führt vielleicht dazu, dass es etwas weniger „Elterntaxis“ gibt, die die Kinder vor der Schule ausm Auto schmeißen. Ich persönlich in meiner Kinderlosigkeit vermute eher, dass der Roller sich als superpraktisch erweisen wird, wenn ich um fünf vor halb acht draufkomm, dass ich kein Brot mehr im Haus hab fürs Frühstück. Da macht der Roller dann im Vergleich zum zu Fuß gehen doch einen gewaltigen Unterschied, was die entscheidenden Hundertstel angeht.

Ausprobiert hab ich ihn gestern gleich mal in der Ubahnstation Westbahnhof, ganz hinten im Gang, wo um die Uhrzeit nix los war. Das Rollern wackelt am Anfang noch ein bissl, aber binnen Minuten wird man sicherer. Einziger Haken: ich wollt dauernd mit der rechten Hand bremsen, ganz so wie beim Radfahren. Nur dass da halt keine Bremse ist 🙂 Aber das krieg ich auch noch in den Griff. Ach, ich freu mich schon aufs #rollern!

2014-07-16 17.56.30

Diesen kleinen Hebel zum Parken find ich auch sehr genial!

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